Insbesondere die Rosenheimer Schleife bremst die Railjets auf 80 km/h herunter. Das Ergebnis: 2:25 Stunden benötigt der schnellste Zug für die 313 Kilometer von Wien nach Salzburg, 1:48 Stunde für die 138 Kilometer weiter nach Innsbruck. Wer darauf hofft, dass die Schleife ab Inbetriebnahme des Brenner-Nordzulaufs auf deutscher Seite der Vergangenheit angehören wird, dürfte enttäuscht werden.
Denn obwohl die neuen Gleise die bestehenden östlich von Rosenheim kreuzen sollen (siehe Grafik unten), ist keine Überleitstelle geplant, ein Einschwenken auf die neue Strecke soll erst nördlich von Kufstein möglich sein. Im Planungsauftrag des Verkehrsministeriums „ist eine Verbindung der Bahnstrecke Rosenheim-Salzburg mit der Neubaustrecke des Brenner-Nordzulaufs bei Stephanskirchen nicht enthalten“, sagt ein DB-Sprecher.
Bei den ÖBB sieht man das pragmatisch. „Die deutschen Kollegen haben im gesamten Netz Riesenprobleme“, sagt Franz Hammerschmid, Leiter der strategischen Infrastrukturplanung. Das Deutsche Eck hat da keine Priorität. Zudem zielt die neue Brennerachse vor allem auf den Güterverkehr ab. Hammerschmid ist aber auch so optimistisch, die Fahrzeit zwischen Salzburg und Innsbruck auf 1:30 Stunde drücken zu können.
Nonstop von Salzburg nach Innsbruck
Die Grundlage dafür sind mehr Kapazitäten auf der bestehenden, ziemlich überfüllten Strecke durch den für 2027 geplanten Neubau der DB-Strecke zwischen Salzburg und München. Dadurch soll eine stündliche Nonstop-Verbindung von Salzburg nach Innsbruck möglich werden.
Auch beim privaten Konkurrenten Westbahn macht man sich keine Illusionen über die deutsche Prioritätensetzung. „Aus deren Sicht endet das Netz in München“, sagt Geschäftsführer Thomas Posch. Das konnte man auch an mehreren Totalsperren der Strecke Salzburg-München im Frühjahr beobachten, als die maroden Schienen saniert wurden. Weil es in Deutschland viel weniger Weichen als in Österreich gibt, konnten die Züge nicht einfach über das jeweils andere Gleis geführt werden.
Dass auch bei dieser Gelegenheit keine zusätzlichen Weichen eingebaut wurden, versteht Posch nicht. Verbesserungen im Korridor seien ein „Kampf gegen Windmühlen“, sagt der Bahnmanager. Generell sei der Zustand der Infrastruktur im Deutschen Eck „himmelschreiend", sagt Posch. „Das ist eine absolut traurige Strecke.“
Komplette Streckensperren drohen
Besserung ist kurzfristig keine zu erwarten, im Gegenteil: Nach der Fußball-EM im kommenden Sommer werden nach und nach insgesamt 40 Strecken über Monate komplett gesperrt und generalsaniert, darunter der Abschnitt Passau-Nürnberg.
Was das Deutsche Eck angeht, hofft man in Wien unterdessen weiter. Österreich wirke „seit Jahren mit Nachdruck darauf hin“, dass die Überleitstelle östlich von Rosenheim errichtet werde, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Schließlich gebe es eine gültige Vereinbarung, dass beim Brenner-Nordzulauf „auch die Belange des Schienenverkehrs zwischen Innsbruck und Salzburg über deutsches Hoheitsgebiet berücksichtigt werden“.
Vielleicht hilft es ja, dass im Vorstand der DB-Netze zwei Österreicher sitzen. Einerseits der Vorstandsvorsitzende Philipp Nagl (früher bei den ÖBB). Und andererseits – ausgerechnet – die frühere grüne Tiroler LH-Stellvertreterin Ingrid Felipe.
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