Austro-Türken: Pilz fordert Schutz für Pass-Opfer

Pilz will erst in Gespräch mit Innenminister Folgen abklären.
Liste könnte illegale Pässe aufdecken, Grüner Sicherheitssprecher gibt sie aber noch nicht her.

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz ist in Besitz einiger Blätter Papier, und dieses Papier ist wertvoll. Darauf stehen 107.877 Namen – türkische Wahlberechtigte beim Referendum, das am 16. April knapp zugunsten von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ausgegangen ist. Mehrere Tausend davon, so eine grobe Schätzung, dürften Türken sein, die bereits in Österreich eingebürgert wurden. Und für die interessieren sich jetzt die Landesbehörden.

"Ich gehe davon aus, dass ein überwiegender Teil davon Menschen sind, die nicht wussten, dass sie noch türkische Staatsbürger sind. Das sind Opfer, die es zu schützen gilt", sagt Pilz zum KURIER. Aus diesem Grund werde er die Liste nicht so einfach herausgeben. So weit, sie als Druckmittel einzusetzen, will Pilz nicht gehen – noch nicht. "Ich will erst in einem Gespräch mit dem Innenminister abklären, ob es einen Ermessensspielraum gibt."

So einen Spielraum gibt es derzeit aber nicht: "Ex lege", also automatisch, verfällt die österreichische Staatsbürgerschaft, wenn man eine neue annimmt. Das Gesetz sanktioniert damit jene, die nach der Einbürgerung heimlich wieder ihren alten Pass beantragt haben. Türken tun das etwa, um weiterhin ihr Erbrecht in der Heimat wahrnehmen zu können.

Sperrt sich die Türkei?

Da es zu dieser Thematik kaum bilateralen Austausch gibt, wird die österreichische Behörde nur dann darauf aufmerksam, wenn sie im Einzelfall – etwa durch Familienzusammenführungen – Einblick in das türkische Personenstandsregister bekommt. Dass eine ganze Wählerliste einem Politiker zugespielt wird, gab es noch nie. "Wir haben endlich etwas in der Hand, und das ist ein wichtiges Signal an die Türkei", sagt Pilz.

Wichtig sei das deshalb, erklärt Pilz, weil sich die Hinweise verdichten, dass die Türkei ihre Ex-Bürger absichtlich nicht von den Listen streicht. Von Ländern wie dem Iran kennt man das bereits, daher ist es bei den Betroffenen völlig legal, Doppelstaatsbürger zu sein.

Eine ähnliche Regelung kann sich Pilz für die Türkei vorstellen: "Wenn sich der Betroffene nachweislich um eine Aberkennung bemüht hat, die Türkei das aber nicht akzeptiert, könnte die Republik Österreich eine Erklärung an die Türkei übermitteln, dass für uns die Aberkennung wirksam ist."

Toleranzklausel

Wie eine OGM-Umfrage zeigt, wären 62 Prozent der Österreicher für eine Amnestie – also für eine Frist, innerhalb der ein Doppelstaatsbürger, der sich reumütig meldet, die türkische Staatsbürgerschaft ablegen muss, um die österreichische zu behalten. Das schlägt auch die Grüne Abgeordnete Berivan Aslan vor: Eine Toleranzklausel sollte auf zwei Jahre befristet werden.

Die ÖVP-Spitze bleibt auf hartem Kurs: Innenminister Wolfgang Sobotka will als Abschreckung sogar noch 5000 Euro Geldstrafe draufsetzen.

Ein Entgegenkommen signalisiert derzeit nur der neue oö. Landeshauptmann Thomas Stelzer: In der ORF-Pressestunde am Sonntag auf mögliche Pass-Opfer angesprochen sagt der ÖVP-Mann, er sei zwar gegen eine "Generalamnestie", man müsse aber "bei jedem Fall genau hinschauen".

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