Austro-Türken: Auftrittsverbot ausreizen
"Intolerabel", "inakzeptabel", "unzumutbar". Noch ist die Empörung über Wahlkampfauftritte von türkischen Regierungsmitgliedern in Österreich eine theoretische. Doch Innenminister Wolfgang Sobotka will gewappnet sein. Dass Erdoğan oder einer seiner Minister bis zum 16. April für das Verfassungsreferendum hierzulande wirbt – das kommt für den ÖVP-Politiker nicht infrage. "Man kann sich nicht von einem fremden Staat politische Auseinandersetzungen ins Land tragen lassen."
Um das Ansinnen zu legitimieren, muss das Versammlungsgesetz geändert werden. Der geplante Passus sieht vor, dass der Innenminister, akkordiert mit Regierung und Außenminister, vorschlagen kann, eine ausländische Wahlkampf-Veranstaltung auf österreichischem Boden zu untersagen. Voraussetzung: die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ist gefährdet, oder die Veranstaltung widerspricht den Menschenrechten. Das könnte sogar so weit gehen, dass über bestimmte Personen ein Einreiseverbot verhängt wird. Wenn Erdoğan aber "als Staatsgast kommt, ist er willkommen", sagt Sobotka.
Doch: Wenn das Gesetz im Sommer in Kraft tritt, ist das Referendum längst entschieden. Bis dahin will Sobotka jede Versammlung – gerade im Namen Erdoğans – im Vorfeld "auf Punkt und Beistrich prüfen", und gegebenenfalls untersagen.
Die SPÖ will über den Vorschlag reden. Österreich müsse sich jedenfalls klar positionieren, schickt Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil voraus.
Missbrauch verhindern
Birol Kilic, Obmann der türkischen Kulturgemeinde, hält dieses Vorgehen für verständlich – und begrüßt es sogar: "In Österreich wird eine Minderheit derart für politische Zwecke missbraucht, das hat man in der Form noch nicht erlebt. Natürlich ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung etwas Heiliges, und es geht auch nicht nur um Erdoğan. Es geht darum, Missbrauch dieser Art in Zukunft zu unterbinden."
Türkischer Wahlkampf habe in Österreich ohnehin nichts zu suchen, betont er: "Die Politiker in Ankara können die Probleme der hier lebenden Türken nicht lösen. Sie haben hier nichts zu suchen." Kilic mahnt jedoch Augenmaß in der Debatte ein: "Die Türkei ist nicht gleich Erdoğan. Mit diesem Bashing treibt man die Menschen nur noch mehr in seine Arme."
Bei der UETD (Union Türkisch-Europäischer Demokraten), die Erdoğan 2014 nach Wien geholt hatte, reagiert man etwas verschnupft auf die geplante Gesetzesänderung. "Ob wir es mögen oder nicht, wir müssen es akzeptieren", sagt Sprecher Ramazan Aktaş. Nachsatz: "Wir werden innerhalb des rechtlichen Rahmens aber nach Möglichkeiten suchen, Auftritte zu organisieren." Auch von Erdoğan? "Natürlich, er ist uns willkommen."
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