Berlin droht Wien, Wien kontert Brüssel
"Wir akzeptieren das nicht." Die Signale, die Innenministerin Mikl-Leitner derzeit aus Berlin zu hören bekommt, sind nicht gerade freundlich: Nicht nur in Brüssel ist man verstimmt über die Schritte, die Wien in der Flüchtlingsfrage gesetzt hat, auch die deutsche Regierung zeigt sich höchst irritiert über Österreichs Obergrenzen-Politik. Innenminister Thomas de Maizière drohte nun sogar mit Konsequenzen. Nur noch 80 Asylanträge täglich anzunehmen, sei das "falsche Signal", sagte er; und dass Österreich täglich 3200 Flüchtlinge nach Deutschland weiterreisen lasse, sei ohnehin nicht akzeptabel. "Wenn andere glauben, zusätzlich Lasten auf Deutschland abzuladen, werden wir das nicht hinnehmen."
Merkels Mannschaft unter Druck
Im österreichischen Innenministerium stößt die Kritik der Nachbarn auf Kopfschütteln. Berlin sende "völlig unterschiedliche Signale" aus, so Johanna Mikl-Leitner: "Deutschland kann nicht den Griechen eine weitere Politik der offenen Grenzen zusichern und dann von Österreich verlangen, alle, die nach Deutschland wollen, zu stoppen." Ohnehin beginne das Durchwinken in Griechenland; dass die Flüchtlinge von dort überhaupt weitergeleitet würden, sei das Problem: "Was an der EU-Außengrenze verabsäumt wird, können die Länder entlang der Balkanroute nicht auf Knopfdruck stoppen."
"Patziger Ton" bei Mikl
Derlei Worte hört man in Brüssel nicht gerne. Ohnehin ist man dort auch über den Antwortbrief, den Mikl-Leitner auf das Schreiben von Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos geschickt hat, nicht glücklich. Der Brief sei "nicht zufriedenstellend", heißt es; hinter vorgehaltener Hand sprechen EU-Beamte sogar von einem "patzigen Ton" und davon, dass die Argumente der Kommission "ignoriert" würden.
Dem KURIER gegenüber betont die Kommission jedenfalls, dass man im Vorgehen gegenüber Österreich "hart" bleiben werde. Am Donnerstag beim Rat der Innen- und Justizminister ist Mikl-Leitner sehr gefragt. Die Kommission will mit ihr über ihre Antwort auf den Avramopoulos-Brief reden. Die niederländische Ratspräsidentschaft hat in aller Eile ein Frühstück eingeschoben. Eingeladen sind neben Mikl-Leitner auch de Maizière sowie die Innenminister aus Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien. Es geht darum, die Folgen der österreichischen Obergrenzen und das Durchwinken von 3200 Flüchtlingen nach Deutschland zu besprechen. Rückt Österreich nicht von den Kontingenten ab, leitet die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein.
In Berlin ist man etwas ungenauer, was die angedrohten Konsequenzen betrifft. "Das wollen wir nicht näher definieren", so Innenministeriums-Sprecher Tobias Plate zum KURIER. Man wolle das Treffen am Donnerstag abwarten, heißt es – und danach gibt man sich noch zwei Wochen Zeit: Gibt es beim dann stattfindenden Asyl-Sondergipfel in Brüssel keine Lösung, werde man Maßnahmen setzen müssen.
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