ÖVP rügt Faymann für "Schlagzeilenpolitik"

Viele Köche verderben den Brei, oder: Viele "Chefs" finden keine Lösung.
Das Scheitern beim Asylgipfel ist ein "Desaster für beide Regierungsparteien", erklärt der Bundeskanzler.

Das Ergebnis des gestrigen Asylgipfels zwischen Regierung und Länder ist mager. Den Bezirksquoten-Vorstoß von Bundeskanzler Werner Faymann lehnten die VP-Landeshauptleute entschieden ab. Dafür sollen bis Ende Juli 6500 neue Plätze für Asylwerber geschaffen werden. In einer ersten Stellungnahme zeigt sich der Kanzler zerknirscht über den Ausgang des runden Tisches, berichtet die Kleine Zeitung. "Dieses Scheitern ist ein Desaster für beide Regierungsparteien. Die letzten Landtagswahlen haben gezeigt, dass mit dem Thema Asyl keiner von uns gewinnen kann, weder wir, die SPÖ, noch die ÖVP."

Zudem heißt es weiter, dass es manche noch immer nicht begriffen hätten und gestern Nacht in unverantwortlicher Weise einfach die Figuren umgehaut haben. Wenn die Länder ohne Zutun Faymanns eigenständig eine solidarische Lösung zur Verteilung der Flüchtlinge zustande bringen, dann solle es ihm Recht sein, lässt der Bundesparteiobmann der Roten wissen. "Dann häng‘ ich jedem einzelnen eine eigene Medaille um. Bis Ende Juli ist Zeit, das ist die Frist. Es muss allen klar sein, das Thema muss weg. Es muss endlich gelöst werden, denn die FPÖ ist in internen Umfragen jetzt schon die Nr. 1."

ÖVP contra Faymann

Während für Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) mitverantwortlich für das Scheitern des Asylgipfels ist, weil dieser die Regierungslinie nicht beibehalten könne, schießt die ÖVP zurück. Faymann sei schuld für das Nichtzustandekommen einer Lösung. Dessen "populistische Schlagzeilenpolitik" bringe rein gar nichts, befand Generalsekretär Gernot Blümel in einer Aussendung.

Politik sei nicht, die Medien vorab über gewünschte Ergebnisse zu informieren, sondern mit den Betroffenen am Tisch Lösungen zu verhandeln: "Gespräche auf Augenhöhe müssen das Mindeste sein. Eine Minimalbeschäftigung mit dem Thema, statt ein theoretisches Aufzeichnen von Lösungen auf dem Reißbrett, sollte selbstverständlich sein."

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl nannte den gestrigen Asylgipfel ein "Desaster". Der Eindruck, dass das "Who is Who" von SPÖ und ÖVP das Bild eines "unkoordinierten und zerstrittenen Haufens" abgebe, habe sich gestern jedenfalls weiter verstärkt. Die außenpolitische Sprecherin des Team Stronach, Jessi Lintl, wiederum meinte in einer Aussendung, dass es in einer Koaltion untragbar sei, "dass der schwarze Landeshauptmann Pröll den roten Kanzler Faymann derart abblitzen lässt".

"Da wedelt der Schwanz mit dem Hund - und das alles auf dem Rücken der Flüchtlinge."

Auch Grüne und NEOS zeigten sich vom Asylgipfel enttäuscht. Was es bräuchte, wäre ein Masterplan für die kommenden Monate und das nächste Jahr, erklärte Bundessprecherin Eva Glawischnig. Nikolaus Scherak von den NEOS ortet abermals ein Machtgefälle zwischen Bundeskanzler und Länderchefs. "Die Bundesländer sagen wo es langgeht, und der Herr Bundeskanzler hat keine Durchsetzungskraft. Da wedelt der Schwanz mit dem Hund - und das alles auf dem Rücken der Flüchtlinge."

Schieder: Keine Zeit für Parteienpolitik

SPÖ-Klubobmann Schieder bezeichnet die Vorgangsweise der ÖVP als "unverständlich und enttäuschend". Es sei "politisch und moralisch verwerflich, auf dem Rücken der Ärmsten Politik zu machen", so Schieder in einer Aussendung. Der rote Klubobmann sieht für "parteipolitisches Geplänkel" keine Zeit. Es sei ein "politisches Trauerspiel", wenn Landeshauptleute der ÖVP, die sich Familienpartei nenne, Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Familien geflüchtet seien, einfach vergesse und sie ignoriere.

Scharfe Worte kommen auch aus Traiskirchen. Für Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) ist der Gipfel ein "Armutszeugnis" und eine "komplett Bankrotterklärung der österreichischen Politik". Seiner Meinung nach sollte ein Bundesgesetz die heikle Asylproblematik lösen: "Anders wird es keine Lösung geben." Der Asylgipfel sei nicht gescheitert, aber enttäuschend, erklärte Peter Kaiser (SPÖ), Kärntner Landeshaupmann, am Donnerstag. Er werde sich auch trotz Ablehnung mehrere Bundesländer weiterhin für Bezirksquoten einsetzen.

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