"Im Großquartier, da war es schwer für uns"

Ahmed Jaber (27) mit seinem eineinhalbjährigen Sohn Mohammed
Die Familie von Ahmed Jaber war privat und staatlich untergebracht – und hat klare Präferenzen.

Nein, schimpfen will er wirklich nicht, das ist klar. "Soll ich das wirklich erzählen?", fragt Ahmed Jaber, und er sieht dabei ein bisschen skeptisch aus, auf seinem Stuhl mitten im Wohnzimmer. Sein Sohn Mohammed, eineinhalb Jahre alt, turnt währenddessen auf dem Ehebett herum; viel Platz ist ja nicht.

Alles anders

Die Frage, wie es ist, hier in Österreich, wenn man Flüchtling aus Syrien ist, hat Ahmed schon oft beantwortet. Nur: Jetzt klingt sie anders. Denn Österreich hat eine neue Regierung. Und geht es nach der, so wäre auch das Leben für Ahmed, seine Frau und ihren kleinen Sohn anders (siehe Artikel rechts). Die drei wären nicht in der 38-Quadratmeter-Wohnung in Simmering, wo Mohammed gerade auf den Schoß seines Vaters klettert, sondern in einem Zimmer in einem Großquartier – dort, wo sie in ihren ersten Monaten in Österreich schon waren.

"Meine Frau war damals gerade schwanger", sagt Ahmed, und wie gesagt: Schimpfen will er nicht. Nur: Mit mehr als 20 Männern auf einer Ebene untergebracht zu sein, das "war schon sehr schwer für uns", sagt er. Ein paar der Mitbewohner hätten getrunken und gestritten, auch die Küche sei oft Streitpunkt gewesen. "Es gab nur eine für uns alle." Und gegessen habe dort jeder – nur aufgeräumt kaum jemand.

Freilich, zumindest hätten sie als Paar ein Zimmer für sich gehabt, sagt Ahmed, seine Frau sieht da gerade aus der Küche ins Wohnzimmer und lächelt; die anderen hätten zu viert, zu fünft in einem Raum geschlafen. Doch an ein normales Leben, wenigstens ein bisschen wie zu Hause in Aleppo, sei da nicht zu denken gewesen. "In der Nacht haben sie uns oft aufgeweckt, weil sie so laut waren", sagt er.

Hilfe von außen

Ob in Großquartieren eine bessere Integration gelingt? Fraglich. Bei Ahmed hat sie geklappt, sehr gut sogar, doch das Quartier trägt daran wohl den geringsten Anteil. Vielmehr war es ein Freund, ein Polizist, "ein österreichischer Held", wie Ahmed heute sagt, der ihm und seiner Frau geholfen hat; er hat ihnen die erste eigene Wohnung im oberösterreichischen Ebensee vermittelt – ein erster Schritt ins eigene Leben. Den zweiten hat Ahmed schon selbst geschafft. Weil er, der Betriebswirt, unbedingt hier arbeiten und dafür gut Deutsch lernen wollte, bekam das Paar auch den Zuspruch für die Wohnung – nur wer gut deutsch spricht, bekommt in Oberösterreich auch eine Privatunterkunft.

Jetzt, knapp zwei Jahre und den positiven Asylbescheid später, sitzt Ahmed mit seiner kleinen Familie im Wohnzimmer in Wien-Simmering. Er spricht fast fehlerfrei Deutsch und ist merklich stolz darauf, dass er ein Heim gefunden hat – auch, wenn es dafür fremde Hilfe gebraucht hat. "Viele Vermieter wollten auch einen Lohnzettel", sagt er; nur: einen Job zu finden ist auch nicht so leicht. Geholfen haben darum Bekannte; das Netzwerk in Wien funktioniert. Das war auch der Grund, warum die Familie hierher wollte: Chancen und medizinische Versorgung sind in Österreich besser, sagt Ahmed. Und natürlich, Anschluss findet man hier auch leichter, sagt er noch dazu.

"Das Geld zahle ich bis heute zurück", sagt er – hoffentlich bald mit dem Geld aus einem Job als Betriebswirt, so der Nachsatz.

Einen TV-Beitrag zum Thema Asyl mit Ahmed Jaber sehen Sie am 4. Jänner um 18:30 Uhr auf Schau-TV.

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