Anzeige gegen Nationalratspräsident Rosenkranz wegen Amtsmissbrauchs

Anzeige gegen Nationalratspräsident Rosenkranz wegen Amtsmissbrauchs
Die Staatsanwaltschaft Wien will wegen Wiederbetätigung gegen drei FPÖ-Abgeordnete ermitteln. Rosenkranz wird vorgeworfen, das Begehren absichtlich zurückgehalten zu haben.

War's Schlampigkeit, weil er mit den Usancen des Hauses noch nicht vertraut ist - oder pure Absicht und damit Amtsmissbrauch?

Das ist die Frage, mit der sich Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, nach etwas mehr als einen Monat im Amt, jetzt konfrontiert sieht. 

Rosenkranz wurde wegen einem Auslieferungsbegehren, das die Staatsanwaltschaft Wien an ihn gestellt und das er zu spät weitergeleitet haben soll, jetzt selbst angezeigt. 

Die Staatsanwaltschaft Wien will, wie berichtet (siehe oben) gegen die blauen Abgeordneten Norbert Nemeth, Harald Stefan und Martin Graf wegen des Verdachts der Wiederbetätigung ermitteln. Sie waren Ende September am Begräbnis von Parteifreund und Burschenschafter Walter Sucher, wo das sogenannte „Treuelied“ der SS gesungen worden sein soll.

Als die Causa vor einigen Wochen im Standard publik wurde, wiesen die Betroffenen die Vorwürfe "aufs Schärfste" zurück.

Neun Tage Verzögerung

Die Ermittlungsbehörde sieht aber offenbar einen Anfangsverdacht und plant, gegen die drei Ermittlungen einzuleiten - vorher muss aber deren Immunität aufgehoben werden. Und jetzt kommt Rosenkranz ins Spiel: Das Schreiben ist am 20. November im Nationalratspräsidium eingelangt, erst am 29. November hat das Büro des blauen Präsidenten das Schreiben dann an die Parlamentskanzlei weitergeleitet, wie der Standard berichtete. Laut Geschäftsordnung hätte das "sofort nach dem Einlangen" passieren sollen. 

Dem Vernehmen nach hat man im Büro Rosenkranz' von einem "Irrtum" gesprochen. Man sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Kanzlei ohnehin ein eigenes Exemplar des Schreibens erhalten habe, so die interne Erklärung. Als man bemerkte, dass das nicht der Fall sei, habe man das Schreiben umgehend weitergeleitet. 

An einen Irrtum glaubt der Anzeiger, die Jüdische österreichische Hochschülerschaft (JöH), nicht. Sie war es, die die ursprünglichen Strafanzeigen gegen die drei FPÖ-Abgeordneten gestellt und jetzt auch den Nationalratspräsidenten angezeigt hat - wegen Amtsmissbrauchs. 

Steiermark-Wahl als Motiv

Im Standard räumt Verfassungsjurist Heinz Mayer der Anzeige keine großen Chancen ein - der Nationalratspräsident sei kein Organ der Vollziehung, sondern des Nationalrats, und als solches könne er nicht das Delikt des Amtsmissbrauchs begehen. 

Jurist und Ex-JöH-Präsident Bini Guttmann, der die Anzeige eingebracht hat, sieht im Strafgesetzbuch eine "breitere Definition davon, was ein Beamter ist, als im Verwaltungsrecht", weil auch ein Nationalratspräsident hoheitliche Befugnisse ausübe. 

Und die Schädigungsabsicht?

Die sieht Guttmann in einem parteipolitischen Motiv: Rosenkranz habe das Auslieferungsbegehr gegen die drei FPÖ-Politiker zurückgehalten, damit es nicht mehr vor der Steiermark-Wahl publik wird. Die Wahl fand am 24. November statt, die FPÖ siegte haushoch. 

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