Star-Anwalt Ainedter: "Es gibt einen echten Prominenten-Malus"
Eine „Zwei-Klassen-Justiz“ gebe es tatsächlich, aber andersherum, als kritisiert, findet Manfred Ainedter. Der Strafverteidiger über seine Interventionen und seine Meinung zu Grasser, Pilnacek und Zadic.
„Ich habe oft interveniert“, gibt Manfred Ainedter offen zu. Beim verstorbenen Sektionschef Pilnacek habe es nicht funktioniert.
KURIER: Sie vertreten oft Prominente: etwa Karl-Heinz Grasser, Toni Polster, Reinhard Fendrich. Warum suchen sich die Sie aus? Manfred Ainedter: Wahrscheinlich, weil es sich herumgesprochen hat, dass ich nicht unerfolgreich bin. Und man weiß auch, dass ich mit den Medien ganz gut kann.
Versuchen Sie, die Medien im Sinne Ihrer Klienten zu beeinflussen?
Natürlich, wenn möglich (lacht). Wobei eher die Medien an mich herantreten als umgekehrt.
Die Sympathie der Medien für Grasser ist eher enden wollend.
Mittlerweile nicht mehr. Auch die Medien haben Mitleid wegen der langen Verfahrensdauer und wegen des Buwog-Urteils. (Grasser wurde 2020 u. a. wegen Untreue zu acht Jahren verurteilt, Anm.) Es ist wirklich falsch. Viele haben mit einem Freispruch gerechnet. Und jetzt vertrauen wir auf den Obersten Gerichtshof.
Die Generalprokuratur empfiehlt aber, dem Urteil zu folgen.
Diese Stellungnahme haben wir mittlerweile auf 140 Seiten zerpflückt. Eigentlich müsste der Oberste Gerichtshof das Urteil heben.
Sind an überlangen Verfahren nicht auch Anwälte wie Sie schuld mit immer neuen Eingaben?
Nein, obwohl der Vorwurf immer wieder kommt. Natürlich hat der Beschuldigte das Recht und der Verteidiger die Pflicht, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Dank des digitalen Akts geht das heute aber viel schneller als früher.
Dennoch ziehen sich schillernde Verfahren – von Grasser bis Casinos – endlos. Ein Fehler im System?
Ja natürlich. Im Fall Buwog hat es sieben Jahre bis zur Anklage gedauert. Das ist unerträglich. Da müsste man die Anklagebehörde in die Pflicht nehmen. Und man müsste eine absolute Höchstdauer einziehen. Es kann nicht sein, dass ein Verfahren wie bei Grasser 15 Jahre dauert und nichts verjähren kann.
Haben Richter eventuell Sorge, jemanden nicht zu verurteilen, der öffentlich schon vorverurteilt ist?
Nein, das spielt glaube ich keine Rolle. Andere Einflüsse hingegen gibt es sehr wohl – bei der Buwog-Richterin zum Beispiel haben die Äußerungen ihres Ehemannes gegen Grasser zumindest den Anschein der Befangenheit erzeugt.
Sie sind für Ihr loses Mundwerk bekannt, diese Richterin haben Sie als „Domina“ bezeichnet, worauf es eine Anzeige gab.
Aber das wurde zurückgelegt. Domina ist ja nichts anderes als die Herrin des Verfahrens.
Gibt es einen Politiker-Malus vor Gericht? Siehe die harten Urteile gegen den Salzburger Bürgermeister Schaden oder gegen Ex-Innenminister Strasser.
Ja. Den Vorwurf der Zwei-Klassen-Justiz, den die Untersuchungskommission unter Martin Kreutner (Anti-Korruptionsexperte, Anm.) nach dem Pilnacek-Tod kritisiert hat, gibt’s – aber anders, als festgestellt: Es gibt einen echten Prominenten-Malus.
Salon Salomon: Ausführliches Gespräch mit Staranwalt Manfred Ainedter
Was halten Sie von dieser Pilnacek-Kommission?
Nichts. Die Aufgabenstellung war merkwürdig, das Ergebnis mehr als bescheiden, und die daraus gezogenen Schlüsse sind falsch oder zumindest einseitig. Das meiste ist geschwärzt, es gibt keine Quellenangaben, mit wesentlichen Vertretern der Justiz wurde nicht gesprochen. Komisch war auch, dass kein Staatsanwalt dabei war, obwohl es um staatsanwaltliche Angelegenheiten ging. Damit hat sich die Frau Zadic keinen guten Dienst erwiesen.
Sie sind kein großer Fan der Justizministerin Alma Zadic.
Ich habe den Eindruck, dass ihr bisweilen gewisse Grundkenntnisse fehlen. Sie hat ja auch die Anwaltsprüfung erst im zweiten Anlauf geschafft.
Entwickelt man in 15 Jahren mit einem Klienten wie Grasser Freundschaft?
Ich mag ihn, und ich glaube, er mich auch.
Kann er im Gefängnis landen?
Alles kann sein, aber ich bin nach wie vor zutiefst von seiner Unschuld überzeugt.
Um den seinerzeit so mächtigen Sektionschef Pilnacek zu treffen, musste man eigentlich nur ins Schwarze Kameel in Wien gehen. Waren Sie dort auch öfter?
Ich bin dort Stammgast – leider viel zu selten – und habe auch Pilnacek gelegentlich getroffen. Aber dass dort irgendwas ausgehandelt wurde, ist eine Mär. Natürlich hat man über Causen geredet, wie mit jedem anderen auch.
Schon das kann ein Verstoß sein, wenn er Geheimnisse preisgab.
Das hat er sicher nicht. Ich selbst habe oft bei ihm interveniert und gesagt: „Wieso geht da nix weiter. Mach was.“ Das ist bitte zulässig.
Und hat er was gemacht?
Nein, er konnte ja nichts machen.
Wer war Ihr Lieblingsjustizminister oder -ministerin?
Christian Broda, ein großartiger Reformer. Der hat im Strafrecht sehr viel weitergebracht. Aus der jüngeren Vergangenheit würde ich Dieter Böhmdorfer und Wolfgang Brandstetter nennen. Denn die hatten Führungsqualität. Da gab es derartige Diadochenkämpfe wie heute in der Justiz nicht. Wobei nur ein Minibruchteil der Justiz im Gerede ist. Die Justiz als Ganzes funktioniert wunderbar. Das wird uns auch international bestätigt.
War Pilnacek am schlechter gewordenen Ruf der Justiz mitschuld?
Das würde ich nicht sagen. Er hatte manchmal vielleicht eine unglückliche Art, war aber ein blendender Jurist und aufrechter Beamter. Ich finde es skandalös und unanständig, wie man mit ihm post mortem umgeht.
Etliche ÖVPler sprechen von einem Justiz-Putsch gegen das System Kurz. Glauben Sie das auch?
Nein, die Justiz per se ist nicht politisch. Es gibt natürlich Einzelpersonen – die jetzt übrigens alle die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft verlassen –, die Kurz verfolgen wollten.
Wie steht es um die Beschuldigtenrechte? Vieles ist ja aus U-Ausschüssen hinausgesickert, bevor es überhaupt eine Anklage gab.
Die Medienvorverurteilung durch diese unseligen U-Ausschüsse ist schlecht. Da sind die Beschuldigten wirklich arm. Daher bin ich glücklich über die Reform der Handy-Sicherstellung. Dass strafrechtlich irrelevante Informationen ständig an die Öffentlichkeit sickern, muss aufhören.
Mit Ihrem Sohn haben Sie eine Kanzleigemeinschaft, Sie sind 73. Ab wann werden Sie an Pension denken?
Das regelt der Markt: wenn ich nicht mehr gefragt werde.
Sie sind der berühmteste und beharrlichste Raucher Österreichs. Nie ans Aufhören gedacht?
Doch, und jetzt zunehmend, weil ich Probleme mit der Luft bekomme. Ich bin passionierter Raucher – wenn auch nicht so stark wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt. Gegen das generelle Rauchverbot habe ich mich gewehrt, weil ich es als unzumutbare Bevormundung empfunden habe. Natürlich ist Rauchen nicht gesund. Wenn es aber so gefährlich ist, warum verbietet man dann Zigaretten nicht? Weil der Staat an der Tabaksteuer sehr gut verdient. Diese Bigotterie stört mich.
Sie lieben schnelle Autos, welches fahren Sie gerade?
Porsche Panamera Hybrid.
Man kennt Sie als Mitglied der Seitenblickegesellschaft, Ihre Frau nicht. Wie geht sich das aus?
Gegensätze ziehen sich an. Ich bin gern unter Menschen, sie eher nicht. Manchmal sage ich dann zu ihr: „Du, die Leute glauben schon, wir sind getrennt. Geh mal wieder mit.“ Wir sind nun 48 Jahre verheiratet und lieben einander sehr.
Zur Person Manfred Ainedter ist einer der bekanntesten Anwälte Österreichs und war bis 2023 auch Präsident der Vereinigung der Strafverteidiger. Ein Coup gelang Ainedter mit der Anwerbung von Linda Poppenwimmer für seine Kanzlei (die er gemeinsam mit seinem Sohn Klaus betreibt). Die Staatsanwältin hatte die WkStA kritisiert, aus der sie kam. Ainedter ist mit einer Irin verheiratet,
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