Es bedurfte mehr als zwei Jahre, ein Anti-Korruptionsvolksbegehren mit mehr als 300.000 Unterschriften und eine ganze Reihe neuer Korruptionsvorwürfe gegen die Kanzlerpartei, bis im Jänner 2023 ein Entwurf vorlag. Die wichtigsten Punkte:
Vorab-Korruption
Wer ein pflichtwidriges Amtsgeschäft verspricht, macht sich nur dann strafbar, wenn er in der entsprechenden Position ist. Künftig soll dies schon für Kandidaten gelten, sobald sie sich im Wahlkampf befinden – etwa Nationalrats- oder Landtagsabgeordnete, aber auch Gemeinderäte und Amtsträger, die in einem Bewerbungsverfahren sind (z. B. Sektionschefs). Gestraft wird, sobald sie das Amt antreten – unabhängig davon, ob sie ihr Versprechen auch einlösen.
Die Neos hatten kritisiert, dass „Ibiza weiterhin möglich“ sei: Strache war damals ja noch nicht offiziell im Wahlkampf, obwohl Neuwahlen als fix galten. Dass der gewünschte Lückenschluss nicht vollständig sei, bemängelte auch das Oberlandesgericht Wien bei der Begutachtung. Die Regierung bleibt trotzdem bei ihrer Variante.
Geändert wurde dafür die Definition eines „Kandidaten“. Hieß es im Entwurf noch, das angestrebte Amt dürfe „nicht bloß hypothetisch“ sein, steht jetzt in der beschlossenen Fassung, es dürfe „nicht gänzlich unwahrscheinlich sein“.
Aus Sicht von SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim ist die jetzige Definition schlechter als die vorige, weil sie „aufgeweicht“ worden sei.
Mandatskauf
Aktuell ist es tatsächlich legal, sich einen Abgeordneten zu „kaufen“ – das heißt: Wenn beispielsweise ein Unternehmer einen bestimmten Kandidaten im Nationalrat haben möchte, der dort seine Interessen vertritt, kann er eine Partei sponsern, damit sie diesen vor einer Wahl auf einen guten Listenplatz setzt.
Künftig sollen alle drei Seiten gestraft werden: Erstens der „Sponsor“, zweitens der Kandidat, wenn er davon weiß und finanziell davon profitiert, und drittens der Verantwortliche bei der Partei. Auch das wurde vorab kritisiert: Jede Partei regelt ihre Listenerstellung anders. Und auch, wenn die Listen von einem Gremium beschlossen werden, kommt es vor, dass zuvor die Parteichefs (mehr oder weniger offiziell) die Reihung vorgegeben haben.
Wer also künftig für einen solchen Deal den Kopf hinhalten muss – und ob es dann auch den richtigen erwischt –, ist damit offen.
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Die Strafbarkeit beginnt jedenfalls, sobald der Kandidat angelobt ist. Die WKStA hatte schon die vorherige Version (Strafbarkeit ab Mandatszuteilung) kritisiert. Ihr Einwand: Wer erwischt wird und auf sein Mandat verzichtet, kommt straffrei davon. Kassiert hat er aber trotzdem.
Das Gesetz gilt für den Nationalrat und Landtag sowie das EU-Parlament, nicht aber für den Gemeinderat. „Normale“ Parteispenden sind weiterhin erlaubt.
Cybercrime
Abseits des Korruptionsthemas will die Regierung auch bei Internetkriminalität nachschärfen: Wer einen Computer hackt, muss mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen, bisher waren es sechs Monate.
Digital-Verhandlung
Die während der Pandemie eingeführte Möglichkeit, via Videozuschaltung an Verhandlungen in Zivil- und Verwaltungsverfahren teilzunehmen, wird verlängert. Diese Option dürfte wohl vor allem bei Sachverständigen und Dolmetschern zum Einsatz kommen.
"Sauber, integer, fair" als Anspruch
Für Justizministerin Zadić sind die Verschärfungen „ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu stärken und Korruption einen wirksamen Riegel vorzuschieben“. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler nannte den „sauberen, integren, fairen und verlässlichen Staat“ als Anspruch. Korruption gehöre auf allen Ebenen unterbunden, so die ÖVP-Politikerin.
Die Maßnahmen sollen im Juli im Nationalrat beschlossen werden und ab 1. September 2023 gelten.
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