ÖGB-Kongress: "Andi“-Rufe für den neuen Parteichef

BUNDESFRAKTIONSKONFERENZ FRAKTION SOZIALDEMOKRATISCHER GEWERKSCHAFTER (FSG): MUCHITSCH / BABLER
Die SPÖ-Gewerkschafter der FSG feiern Neo-SPÖ-Chef Babler euphorisch und als einen der ihren

Andreas Babler ist zehn, vielleicht auch schon elf Schritte im Stockwerk unterwegs, da hallt es laut durchs Austria Center: „Servas Andi!“

„Mochst heit’ Musik“, fragt Babler den Zurufer. „Sicher, i hob a playlist fia di“, antwortet der Gewerkschafter. Die Szene heißt: Neuer SPÖ-Chef trifft befreundeten FSG-Gewerkschafter. Sie wird sich an diesem Tag dutzendfach wiederholen.

Andreas Babler ist zum 20. ÖGB-Kongress eingeladen. Und für den leidenschaftlichen Linken ist der Auftritt ein Heimspiel, das ist schon klar, da hat er seine Begrüßungsrede noch gar nicht begonnen.

ERÖFFNUNG "20. ÖGB-BUNDESKONGRESS": KATZIAN

ÖGB-Chef Wolfgang Katzian

Als der 50-jährige Bürgermeister den Saal betritt, um vor den SPÖ-Gewerkschaftern der FSG zu sprechen, stehen alle auf. Sie klatschen und jubeln und klatschen und jubeln. Mehr als vier Minuten geht das so. Wie gesagt: Er hat noch kein Wort gesagt, die Rede ist noch zu halten. Auf einer Leinwand werden Szenen von Bablers Auftritten beim SPÖ-Parteitag gezeigt.

BUNDESFRAKTIONSKONFERENZ FRAKTION SOZIALDEMOKRATISCHER GEWERKSCHAFTER (FSG): WIMMER / BABLER

Rainer Wimmer und Andreas Babler

Und dann, am Mikrofon, löst Babler die Erwartungen ein: Er fordert kürzere Arbeitszeiten und höhere Steuern für die Super-Reichen. Vor allem aber macht er klar: Zwischen Partei und Gewerkschaft passt ab sofort kein Löschblatt mehr. Schon SPÖ-Gründer Viktor Adler habe gesagt „Partei und Gewerkschaft, das ist so untrennbar wie siamesische Zwillinge“.

Stolz

Babler erzählt wieder die Geschichte, mit der er schon die Delegierten am Parteitag gewonnen hat. Es ist die Geschichte vom „stolzen Arbeiterkind“, das von der Bewegung beschenkt wurde. Mit fairen Löhnen, einer Betriebskrankenkasse, einem Werksarzt – und einem Schwimmbad. „Ich vergess’ das unseren Betriebsräten nie, was sie mir und all den anderen an Chancen gaben.“

Applaus, Jubel, „Andi“-Rufe

Wen wundert’s? Babler spricht über Themen, die Gewerkschafter emotionalisieren.

Menschen seien niemals Bittsteller, sagt er. Nicht mit der „Schürze im Supermarkt“. Nicht wenn sie den Mantel einer Pflegekraft tragen. Bittsteller, das ist eines seiner Lieblingsworte, es zieht sich durch die gesamte Rede: Arbeitende Menschen seien keine Bittsteller, wenn sie höhere Löhne fordern; Patienten seien keine Bittsteller, wenn sie zeitgerechte Termine bei einem Arzt wollen. Und Frauen seien keine Bittstellerinnen, wenn sie gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern.

Misthaufen

„Diese Ungerechtigkeit muss endlich auf den Misthaufen der Geschichte landen“, sagt Babler.

Seite an Seite mit der Gewerkschaft will er „auf den Tisch hauen“ und der SPÖ, der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung wieder „Stolz und Würde“ geben. Dazu müsse man raus zu den Menschen, Betriebsbesuche machen, nicht im Hinterzimmer versauern.

Und irgendwann sagt Babler den Satz, für den er – gefühlt – den meisten Applaus bekommt: „Ich würde mir wünschen, dass jedes Parteimitglied auch Gewerkschaftsmitglied ist.“

Christian Böhmer

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