Aus für das Amtsgeheimnis: So soll es umgesetzt werden
Es war der bisher längste Kampf innerhalb der türkis-grünen Regierungsmannschaft: Welche Regeln sollen gelten, wenn das seit 100 Jahren bestehende Amtsgeheimnis abgeschafft wird? Was soll das Grundrecht auf Information beinhalten?
Insofern wird der 5. Oktober 2023 jedenfalls in Österreichs Annalen eingehen.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentierten die Eckpunkte für das Informationsfreiheitsgesetz, das allerdings erst ab 2025 inkraft treten soll.
Die Regierung benötigt ohnehin die Stimmen der SPÖ für die nötige Zweidrittelmehrheit.
Was regelt das Gesetz, was steht im Entwurf, auf den sich Övp und Grüne einigen konnten?
- Zentrale Idee ist: Statt dem bisher geltenden Amtsgeheimnis hat künftig jede und jeder ein Grundrecht auf Information und das muss von Ministerien, Behörden und Gerichten über die Bundesländer bis hin zu jeder Gemeinde erfüllt werden.
- Das Grundrecht auf Information kann erforderlichenfalls auch eingeklagt werden.
- Informationen von allgemeinem Interesse von staatlichen Organen müssen proaktiv veröffentlicht werden. Diese werden auf einer Website – dem zentralen Informationsregister – zugänglich gemacht und mit Schlagworten zur besseren Suche versehen.
- Ausnahmen gibt es nur für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern.
➤ Mehr dazu hier: Aus für Amtsgeheimnis - Türkis-Grün präsentiert heute neues Gesetz
In der Stellungnahme der Regierung werden folgende Eckpunkte genannt:
Grundrecht auf Zugang zu Information
- Jede und jeder verfügt künftig über ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Information.
- Von einer informationspflichtigen Stelle kann binnen einer Frist von 4 Wochen (Aufschub um weitere 4 Wochen möglich) bereits vorhandene Information verlangt werden.
- Bei Nicht-Auskunft kann das Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden.
- Hiervon sind alle Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen erfasst.
- Die Verpflichtung betrifft Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden
- Informationen müssen nicht erteilt werden, wenn der Antrag missbräuchlich erfolgt. Darüber hinaus gelten Geheimhaltungsgründe und es ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen.
- Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen – wobei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden darf.
Proaktive Veröffentlichungspflicht
- "Information von allgemeinem Interesse" (nunmehr zusätzliche Beispiele im Gesetz aufgezählt, zB. Geschäftseinteilung, Tätigkeitsberichte, Amtsblätter etc., neben bereits angeführten Studien, Gutachten, Verträge,…) müssen proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.at ehestmöglich veröffentlicht werden.
- Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind in erster Linie die Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe umfasst, wobei Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern davon ausgenommen sind, diese aber selbstverständlich solche Informationen freiwillig veröffentlichen können.
- Darüber hinaus gilt sie auch für Nationalrat und Bundesrat mitsamt des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft, sowie für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof. 1
- Informationen müssen von jenen Stellen veröffentlicht werden, welche diese auch erstellt haben.
- Von der proaktiven Informationspflicht umfasst sind Informationen, welche ab Inkrafttreten des Gesetzes entstehen.
- Die im Zuge der Reform des Parteiengesetzes geschaffene Norm des Art. 20 Abs. 5 B-VG wird durch die neue Regelung des Informationsregisters ersetzt.
- Ausgenommen von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind Informationen, soweit und solange sie beispielsweise im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Geheimhaltung unterliegen.
Unterstützungsleistungen
- Informationspflichtige Stellen haben im Rahmen der Legisvakanz nach der Beschlussfassung des Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten insgesamt 1,5 Jahre Zeit, um sich auf die effektive Umsetzung vorzubereiten.
- Das Bundeskanzleramt wird umfassende Informationsmaterialien für informationspflichtige Stellen zur Verfügung stellen.
- Die Datenschutzbehörde wird darüber hinaus Leitfäden zur Verfügung stellen und Fortbildungen beispielsweise für Datenschutzbeauftrage veranstalten.
Vizekanzler Werner Kogler erklärte in der Pressemeldung der Regierung: "Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist ein monumentaler Kulturwandel in der Republik. Jede und jeder hat ein Grundrecht auf Information – davon sind wir überzeugt und das wird endlich Realität. Die Ausrede ,Amtsgeheimnis´ gibt es dann nicht mehr. Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und das Recht auf Information umfassen auf Bundesebene, in den Ländern und Gemeinden alle Ämter und Behörden sowie auch alle Unternehmen, die der Rechnungshofprüfung unterliegen. Mit diesem zentralen Projekt beweisen wir einmal mehr Vision, Gestaltungswillen und Umsetzungskraft."
Und seine Regierungskollegin von der ÖVP, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erklärt: "Nach 100 Jahren leitet die Bundesregierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ein und vollzieht mit einem einheitlichen Grundrecht auf Zugang zu Information einen Paradigmenwechsel. Der ausbalancierte Entwurf garantiert Transparenz mit Augenmaß für die Verwaltung. Offenheit und Transparenz sind ein Gebot der Stunde. Mit der Informationsfreiheit setzen wir einen Meilenstein."
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