Patt-Stellung bei den Anwaltstarifen

Patt-Stellung bei den Anwaltstarifen
Gratis-Beratung der Rechtsanwälte fällt weg. Anwälte und Neos erhöhen Druck auf Minister

Ab Montag ist Schluss: Nachdem die Rechtsanwälte die seit geraumer Zeit eingemahnte Anpassung der Anwaltstarife nicht bekommen (gefordert waren zuletzt 15 Prozent im Vergleich zu 2008), setzen sie einen ersten Schritt und stellen die kostenlose "Erste Anwaltliche Auskunft" ein. Dabei geht es um jene Service-Gespräche, für die Rechtsanwälte bisher in den Rechtsanwaltskammern, Magistraten und Gemeindeämtern kostenlos zur Verfügung standen – im Vorjahr nahmen 18.000 Bürger dieses Service in Anspruch.

"Rechtsanwälte sind Unternehmer. Obwohl die Kosten für Mieten und Gehälter steigen, haben wir seit 2008 Null-Lohnrunden akzeptiert. Zeigen Sie mir eine Berufsgruppe, bei der das so lange geht. Irgendwann ist Schluss", sagt Rupert Wolff, Präsident des Rechtsanwaltskammertages. Als Konsequenz müssen sich Bürger, die eine kostenlose Rechtsauskunft benötigen, an die Amtstage bei Gericht halten.

Minister am Zug

Grundsätzlich obliegt die Anhebung der gesetzlichen Tarife dem Justizminister.

Patt-Stellung bei den Anwaltstarifen
APA14895994-2 - 30092013 - WIEN - ÖSTERREICH: NEOS-Parteimitglied Nikolaus Scherak im Rahmen einer NEOS-Vorstandssitzung am Montag, 30. September 2013, in Wien. APA-FOTO: HANS PUNZ
Er kann diese – im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats – verordnen. Ressortchef Wolfgang Brandstetter versteht den Wunsch der Anwälte zwar und will die Tarife grundsätzlich anheben.

Er hat nur zwei Probleme: Zum einen stößt er sich an der Tatsache, dass die Rechtsanwälte in noch laufenden Verhandlungen weiter Druck aufbauen. "Mit dieser Maßnahme trifft man vor allem die ökonomisch schwächeren Teile der Bevölkerung", sagt Brandstetter.

Zum anderen muss der ohnehin mit einem knapp bemessenen Budget bedachte Justizminister aufgrund der höheren Tarifen möglicherweise auch höhere Kosten stemmen. Denn höhere Tarife würden zwar ein Plus in der Kasse des Finanzministers bringen – Anwählte bezahlen dann mehr Umsatz- und Einkommenssteuer. Das Justizressort selbst aber würde belastet, da das Justizministerium den Anwälten die "Verfahrenshilfe" (Bedürftige bekommen bei Straf- und Zivilverfahren einen Anwalt gestellt) pauschal bezahlt und für diese künftig mehr ausgeben müsste. Der Grund: Die Pauschale – 18 Millionen Euro im Jahr – ist abhängig von den amtlichen Tarifen; höhere Tarife bedeuten mehr Pauschale.

Die Neos wollen den Druck auf Brandstetter nun erhöhen. "Wir werden einen Entschließungsantrag im nächsten Plenum einbringen, dass Brandstetter endlich mit dem Hauptausschuss verhandelt", sagt Neos-Justizsprecher Nikolaus Scherak. "Obwohl die Anwälte seit Monaten auf eine Lösung drängen, gibt es keinen Fortschritt. Der Minister hat das Problem offensichtlich verschlafen."

Der Richtervereinigung missfällt das Vorgehen von Justizminister Wolfgang Brandstetter bei Postenbesetzungen. Immer wieder würden Posten in Missachtung der Personalsenatsvorschläge nicht nach Qualifikation sondern nach "anderen Interessen" besetzt – und die Ministeriums-Reorganisation beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit, kritisierte Richter-Präsident Werner Zinkl in der APA.

Ein Beispiel für eine "zweifelhafte" Postenbesetzung sei etwa die einer leitenden Funktion im Oberlandesgericht Wien mit einer zuvor im Justizministerium tätigen Richterin, obwohl sie zweimal nur Drittgereihte war.

Der Minister weist die Kritik scharf zurück. Er orientiere seine Vorschläge "streng an den gesetzlichen Vorgaben und fachlichen Erfordernissen". Der besagte Fall der Richterin erkläre sich mit der gebotenen Gleichbehandlung. Auf Platz 1 und 2 seien zwei Männer gereiht gewesen – und laut dem eingeholten Gutachten sei die gleich gut qualifizierte Kandidatin zu nehmen gewesen.

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