Beamte gegen Reformplan
In knapp zwei Wochen ist EU-Wahl. SPÖ und ÖVP liegen in den Umfragen schlecht. Die Klage von Bürgern über die Reformunwilligkeit der Regierenden wird täglich lauter. Und so kommen Kanzler und Vizekanzler nicht umhin, zu handeln.
Gestern haben sie etwas präsentiert, das die staatliche Verwaltung straffen, also kostengünstiger machen soll: Im Jänner 2016 werde es ein "Amt der Bundesregierung" geben. Tätigkeiten, die verschiedene Ministerien verrichten, sollen gebündelt werden. Fuhrpark, IT, Aus- und Weiterbildung, wie Kanzler Werner Faymann erläutert. Hinauslaufen solle die Sache auf einen "einheitlichen Dienstgeber" – das ist der Knackpunkt.
Gegen Zwang
Dass das Projekt längst nicht gelaufen ist, wissen Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Beide rechnen mit "heftigen Diskussionen". Die gibt es schon. Nicht nur die Beamtengewerkschafter schreien auf. Das tat und tut auch ÖVP-Innenministerin und ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner.
Mikl-Leitner kontert via KURIER: "Ich will keine Zwangsversetzungen von Mitarbeitern, weil es genauso gut oder sogar besser auf freiwilliger Basis geht. Wir zeigen im Innenministerium vor, wie das geht." Die Ministerin verweist auf jene "nahezu 500 ehemaligen Post- und Telekom-Mitarbeiter", die in ihrem Ressort beschäftigt sind. Zum Amt der Bundesregierung sage sie "generell Ja, aber es kommt auf die Detailplanung an".
Beamtenminister Josef Ostermayer, der das Projekt von SP-Seite federführend leitet, kalmiert. Er betont, es gehe nicht darum, jeden Beamten zwangsversetzen zu können. "Ziel ist, dass ein Beamter, dessen Aufgabe in einem bestimmten Bereich weggefallen ist, in einem anderen Bereich eingesetzt werden kann", sagt Ostermayer dem KURIER. Werde etwa ein Heeresspital geschlossen, solle ein bisher dort werkender Mediziner auch als Polizei-Arzt eingesetzt werden können. Finanziell schlechter gestellt würde er nicht.
Derzeit beruht das Ganze ja auf Freiwilligkeit. Der Dienstgeber kann einen Mitarbeiter nur "unter erschwerten Umständen" versetzen.
Nein-Sager Der schwarze Beamtenchef Fritz Neugebauer, den Spindelegger als "großen Schatten" puncto Reformen sieht, wollte sich gestern auf KURIER-Anfrage nicht zu den rot-schwarzen Absichten äußern. Sein SPÖ-Stellvertreter Peter Korecky reagierte forsch: "In Sachen Versetzungsschutz redet Spindelegger wie der Blinde von der Farbe. Es gibt kaum eine Gruppe, die so flexibel ist wie der öffentliche Dienst." Und wenn der Finanzminister schon meine, "dass es so viele unnötige Leute in den Ministerien gibt, soll er in seinem anfangen".
Dass es zu einem Dienstgeber in einem Amt kommt, bezweifelt Korecky: "Das hieße, dass die Minister ihr Personal nicht mehr selbst bestimmen können. Diese Debatte gab es schon einmal. Die Ressortchefs waren die ersten, die Nein gesagt haben."
In der SPÖ ortet man einen anderen Grund für Mikl-Leitners Widerstand: die Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst. Die schwarzen Personalvertreter wollen im Herbst ihre absolute Mehrheit verteidigen. Mikl bestreitet dieses Motiv: "Das ist ein Humbug."
Es war in den 1990er-Jahren: Ein ÖBB-Chef plante eine kleine Reform des Dienstrechtes der Eisenbahner. Bis zu einem TV-Interview. Da erklärte der Chef der Gewerkschaft in entspannter Haltung, dass sich der Herr Generaldirektor brausen könne, und zwar in einer nur wenig freundlicheren Wortwahl. Und er setzte sich durch, zumindest ein paar Jahre lang.
Also war klar, dass der Vorschlag, alle Beamten in einem Amt der Bundesregierung zusammenzufassen, die Personalvertretung auf den Plan rufen würde. Hauptargument: Das geht nicht. Außerdem könnten schon jetzt Beamte versetzt werden. Verschärft wird die Ablehnung durch bevorstehende Personalvertretungswahlen im öffentlichen Dienst. Aber es sind dauernd irgendwo Wahlen. Die Wirtschaftsvertreter sind im Moment extra spröde, weil im kommenden Jahr ihre Kammern neu gewählt werden, die nächsten Landtagswahlen kommen auch, also lassen wir gleich alles bleiben?
Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger sind in der klassischen Doppelmühle: Tun sie nichts, kriegen sie den Unmut ihrer Parteien zu spüren, planen sie Reformen, kommt auch ein Sturm der Entrüstung. Wobei es jetzt auch Minister gibt, die die Zuständigkeit für ihre Beamten nicht verlieren wollen. Da haben die Parteichefs mehrere Machtkämpfe vor sich.
Aber die Fakten sprechen für schnelle Reformen, die in den letzten Tagen via KURIER angekündigt wurden: Wenn das Bundesheer nicht einmal mehr Geld für Sprit, gleichzeitig aber Beamte hat, für die es wirklich keine Arbeit gibt, dann ist das System am Ende. Die Koalition hat nur eine Berechtigung: endlich mit Strukturreformen zu beginnen.
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