Sprung an die SPÖ-Spitze: 97,8 Prozent für Rendi-Wagner
"Nach vorn" will die SPÖ nun gehen. Auf einem Bundesparteitag unter diesem Motto übernimmt die designierte SPÖ-Chefin Pamela am Wochenende in Wels auch offiziell den Parteivorsitz. Als erste Frau in der Parteigeschichte. Wie jeder ihrer Vorgänger hoffte Rendi-Wagner auf eine möglichst klare Bestätigung. Und diese hat sie bekommen. 97,81 Prozent der Delegierten wählten Pamela Rendi-Wagner. An dieser Stelle können Sie die Geschehnisse live verfolgen. Im Liveticker und als Livestream.
"Stimmung gut, Partei gut, Fraktion gut", fasste SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda die Lage Samstagvormittag vor rund 650 Delegierten und 800 Gästen zusammen. Nach dem turbulenten und chaotischen Obmannwechsel und der jüngsten parteiinternen Sexismus-Debatte will die SPÖ wieder in die Spur kommen und mit sozialen Themen wie Chancen- und Leistungsgerechtigkeit, Zusammenhalt und leistbares Leben bei den Wählern punkten. Mit Rendi-Wagner an der Spitze soll das gelingen.
Laubbläser-Politik
Die oberösterreichische SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer nahm als Gastgeberin die türkis-blaue Bundesregierung ins Visier. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) machten vor allem "Laubbläser-Politik", um von wichtigen Themen abzulenken. Kurz und Strache "blasen mit viel Lärm und Getöse die Probleme von einem Ort zum anderen, ohne irgendetwas zu lösen. Die heiße türkis-blaue Luft verbrennt die Demokratie", so Gerstorfer. Für die neue Parteichefin forderte Gerstorfer "Rückendeckung". Danach zog Rendi-Wagner - begleitet von Kindern - zu den Klängen des Coldplay-Songs "A Sky full of Stars" unter Standing Ovations in die Halle ein.
Der SPÖ-Bundesparteitag im Liveticker
-
Guten Morgen!
Herzlich willkommen zu unserer Live-Berichterstattung vom SPÖ-Bundesparteitag! Kollege Bernhard Gaul meldet sich mit einem ersten Foto vor der Welser Messehalle, mittlerweile dürfte dort schon mehr los sein. Um 10 Uhr wird Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda die Parteiveranstaltung eröffnen.
-
Welser Generalprobe am Freitag
Gestern hielt Rendi-Wagner eine Art Generalprobe ab. Sie eröffnete - ebenfalls in Wels - den Bundesfrauenkongress. Ihr Auftritt wurde von den Parteifreundinnen mit Standing Ovations bedacht. Heute muss die gesamte Partei überzeugt werden und bald auch die Wähler.
-
Es kann nur aufwärts gehen
Willkommen beim Bundesparteitag der SPÖ, für den KURIER berichten vor Ort Innenpolitik-Chefin Daniela Kittner und Bernhard Gaul. Der Saal füllt sich langsam hier in der Messe Wels. Die Delegierten nehmen Platz, in einer halben Stunde wird Pamela Rendi-Wagner ihre Parteitagsrede halten. Die Partei setzt große Hoffungen in sie - auch, weil es zur Stunde eigentlich nur aufwärts gehen kann mit der Sozialdemokratie. Gegen 13:35 wird Christian Kern seine Abschiedsrede halten, wir sind gespannt, wie auch bei ihm die Reaktionen ausfallen werden.
-
Die Messehalle ist durch eine Videowand formatfüllend in Rot getaucht. Das ist die Bühne für die Inthronisation der neuen SPÖ-Chefin.
-
Neue SPÖ-Homepage
Stolz verweisen die Pressereferenten der Bundespartei übrigens auf die neue Homepage der SPÖ, die heute online gegangen ist - https://www.spoe.at//
-
Drozda legt gleich los!
Den Anfang wird Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda machen, er soll dann das Mikro kurz an die Landeschefin der SPÖ Oberösterreich, Birgit Gerstorfer, übergeben, bevor Pamela Rendi-Wagner das Rednerpult übernimmt.
-
Trallali-Trallala!
Die Delegierten bereiten sich offenbar ganz unterschiedlich auf den Parteitag vor:
-
Unmittelbar nach der Designierung Rendi-Wagners als neue Parteichefin im September kam aus Wien leichte Skepsis, ob sie auch die Klubführung übernehmen sollte. Auch beim Parteistatut, das an diesem Wochenende beschlossen wird, gab es noch Änderungswünsche. Heute wird sich der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (Bild) aber wohl im Hintergrund halten.
-
Politik wie ein Laubbläser!
SPÖ-OÖ-Landesparteichefin Birgit Gerstorfer vergleicht in ihrer Rede die Regierungspolitik mit einem Laubbläser - nur viel Lärm, und die Probleme werden nicht beseitigt, sondern nur verlagert...
-
Probleme verlagern
Gerstorfer gibt als Inspiration für ihren Laubbläser-Sager ihren Nachbarn Karli an, der heute Früh seine Gartengerät angeworfen habe. Es war aber wohl auch dieser Tweet des Quantenphysik-Erklärers Florian Aigner.
-
Warnung vor Rechts
Die oö. Landeschefin, und somit gewissermaßen in Wels auch Gastgeberin, kann sich einen Seitenhieb auf ihren blauen Konkurrenten im Land, Manfred Haimbuchner, nicht verkneifen. Dieser habe vor einer "Sozialdemokratisierung" gewarnt. Gerstorfer möchte aber lieber vor den Mitgliedern der türkis-blauen Regierung Warnschilder aufstellen mit der Aufschrift: "Achtung, Zerstörung von rechts!"
-
Geschlossenheit gefordert
Mit Blick auf die Kür Rendi-Wagners richtet Gerstorfer an die Genossen einen Appell, geschlossen zu agieren: "Wer ganz vorne steht, braucht Rückendeckung" und die müssten die Sozialdemokraten der neuen Parteichefin geben. Und "die werden wir ihr geben", sagt Gerstorfer.
-
Drozda fordert klare Positionen
Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda eröffnet den Parteitag mit einem "herzlichen Freundschaft". Wann wolle an diesem Wochenende "klar Position beziehen" und mit Pamela Rendi-Wagner zum ersten Mal eine Frau an die Spitze wählen. Er spricht auch das neue Parteiprogramm an, das am Parteitag abgesegnet werden soll. Dieses definiere laut Drozda das Verständnis sozialer Demokratie im 21. Jahrhundert.
-
Drozda begrüßt nun einzelne Parteigranden, darunter Nationalratspräsidentin Doris Bures, die AK-Chefin Renate Anderl, Frauen-Chefin Gabriele Heinisch-Hosek, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, sowie die Landeschefs. Darunter auch der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer jun., der kurz vor dem Parteitag mit einem sexistischen Sager negative Aufmerksamkeit auf sich zog. Einen einzelnen Pfiff (im lauten Jubel) gab es aber nur, als der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig aufgestanden ist.
-
Erste Standing Ovations
Bei der Begrüßung des Alt-Bundeskanzlers Franz Vranitzky gab es besonders lang anhaltenden Applaus und Standing Ovations.
-
Auftritt von Rendi-Wagner
Von Vranitzky leitet Drozda direkt auf Pamela Rendi-Wagner über, die inmitten der nun stehend applaudierenden Genossen in die Messehalle einzieht. Dazu spielt die Saalregie anheimelnden Schmusepop von Coldplay ein. Hinter Rendi-Wagner gehen Parteifreunde, die Babys und Kleinkinder halten.
-
Künftige Parteichefin "völlig fertig"
Rendi Wagner zeigt sich "völlig fertig" bei "so vielen Gefühlen". Sie findet zunächst kaum Worte nach der emotionalen Begrüßung. Sie sagt: "Es fühlt sich saugut an, von euch umarmt zu werden."
-
Wieder eine Ärztin an der Spitzer der SPÖ
Vom 30. Dezember 1888 bis zum 1. Jänner 1889 fand in Hainfeld in Niederösterreich, der Einigungsparteitag der SDAP statt. Der Arzt Vicot Adler wurde damals zum ersten Vorsitzenden gewählt. 129 Jahre, 10 Monate, 25 Tage übernimmt wieder ein Dr. med. die Partei, un dazu noch erstmals eine Frau - Pamela Rendi-Wagner - sofern sie am Nachmittag auch gewählt wird...
-
Parteibasis wird beschworen
Zunächst lässt Rendi-Wagner per Video eine SPÖ-Sympathisantin sprechen. Jasmin heißt sie. Jasmijn sagt, das Schlechtmachen anderer Parteien interessiere sie nicht, sondern die Ideen der Partei selbst.
-
Nicht nach links, sondern "nach vorn"
Man müsse nicht nach links sondern "nach vorne" schauen, sagt Rendi-Wagner, "dort, wo die Zukunft ist". Man müsse Lösungen für Jasmins Probleme finden. Wenn man sich den Leuten zuwende, dann seien sie "vorne".
-
Große Sozialdemokraten werden bemüht
Die künftige SPÖ-Chefin zitiert Willy Brandt und Victor Adler. Letzterer war Mediziner wie Rendi-Wagner. Als Gründungsvater der österreichischen Sozialdemokratie habe er mehr für die Lebensverhältnisse der Menschen tun können denn als Arzt. Sie sei ein "Kind der Kreisky-Reformen" und sei stolz darauf. Nur durch diese Politik habe sie die Möglichkeit gehabt, zu studieren. -
Kritik an "hässlichen Bildern"
Rendi-Wagner kommt freilich nicht ohne Kritik an den derzeitigen Regierenden aus und die kommt ziemlich heftig. Die SPÖ habe ein anderes Menschenbild als Türkis-Blau, sie zitiert Sebastian Kurz' Sager, es werde bei der Migrationspolitik nicht ohne hässliche Bilder gehen. Sie unterstreicht das mit dem kürzlich berichteten Fall einer Familie in Vorarlberg, die durch eine Abschiebung getrennt worden ist.
-
Regierung als "feige" und "armselig" attackiert
Die Regierung sei "feige". Sie habe nicht den Mut, Entscheidungen zu treffen. Sie wollte das "Husch-Pfusch-Gesetz 12-Stunden-Tag" durchpeitschen, ohne mit den Gewerkschaften zu reden. Es sei "armselig, keine Volksabstimmung zum Rauchverbot in der Gastronomie zuzulassen". Türkis-Blau habe Angst vor parlamentarischem Diskus und vor der Meinung der Bevölkerung.
-
Die SPÖ habe keine einfachen Antworten auf die drängenden Probleme, sagt Rendi-Wagner. FPÖ und ÖVP würden "plumpe, banale und hetzerische Antworten" auf komplexe Fragen geben. Der Ansatz der SPÖ sei "Humanität und Ordnung."
-
"Lieber Sebastian!"
„Lieber Sebastian“, sagt Rendi-Wagner, an Kurz gerichtet, und spricht seine Zeit als Staatsekretär für Integration und als Außenminister an. „Was genau hast du in all diesen Jahren eigentlich gemacht?" Rendi-Wagner gibt unter frenetischem Applaus folgende Antwort: "Du hast gar nichts getan! Du beschreibst, du kommentierst, du kritisierst. Aber Sebastian: Du bist Politiker, und Politiker machen, handeln und tun. Sie versuchen die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern."
-
"Und wenn er sich einmal zu einer Entscheidung durchringt", dann treffe Kurz falsche Entscheidungen, sagt Rendi-Wagner. Die künftige SPÖ-Chefin nennt den Ausstieg aus dem UN-Migrationspakt als Beispiel.
Kanzler Kurz arbeite lediglich "ehrgeizig und beständig an seinem eigenen Erfolg". Rendi- Wagner fragt sich, "wie lange die FPÖ da noch mit macht."
-
Dank an Kern
Für ihren Vorgänger Christian Kern hat sie freilich freundlichere Worte parat. Rendi-Wagner: "Lieber Christian, du hast mir diese Chance eröffnet und das werde ich dir nie vergessen." Das ist das Stichwort für Kern, der unter Applaus die Messehalle betritt.
-
Rendi-Wagner will Mehrwertsteuer auf Mieten abschaffen
Zur geplanten Steuerreform schlägt Rendi-Wagner vor, die Mehrwertsteuer bei Mieten abzuschaffen - so würden sich Mieter jährliche eine Monatsrate ersparen.
-
Die ersten Bilder vom SPÖ-Bundesparteitag von unserem KURIER-Fotografen Jürg Christandl
-
Bildung als "Schutzimpfung"
Die studierte Ärztin, die in ihrem neuen Beruf "durch kluge und verantwortungsvolle Politik" noch mehr Menschen helfen möchte, bleibt bei medizinischen Beispielen. Bildung sehe sie als "Schutzimpfung", sie mache gesünder, verlängere die Lebenserwartung, erhöhe die beruflichen Chancen. Bildung dürfe daher nicht einfach nur vererbt werden. Jedes Wissen habe auch ein Ablaufdatum, daher brauche es hin und wieder auch eine "Auffrischungsimpfung".
-
Brennpunktschulen
Rendi-Wagner kommt auf die "Brennpunktschulen" zu sprechen. Der Weg der Regierung sei: "Schnell wegschauen und nichts tun". Der Weg der SPÖ sei: "Wir sind der Meinung, dass es sich diese Kinder verdient haben, dass sie besonders gefördert werden. Dass sie die besten und bestbezahlten Lehrerinnen und Lehrer bekommen. Weil wir ganz klar davon überzeugt sind, dass es sich lohnt." Die SPÖ wolle 5000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer bei den Brennpunktschulen einsetzen. Sie bekräftigt die roten Forderungen nach der Ganztagsschule und dem zweiten verpflichtende Kindergartenjahr.
-
Rendi-Vorschlag: Mehrwertsteuer auf Mieten abschaffen
Das Thema Wohnen proklamiert sie als Aufgabe der Sozialdemokratie. Wer solle sich sonst auf der Seite der vielen Menschen mit Finanzierungproblemen bei der Wohnungssuche engagieren? Die SPÖ-Chefin wartet mit einem konkreten Vorschlag an die Bundesregierung auf: "Schaffen wir den Mehrwertsteuersatz auf Mieten ab!"
-
Und nun die Gesundheit
Dann ist Rendi-Wagner bei Ihrem Leibthema, der Gesundheitspolitik. Sie meint, die Debatte um die Gesundheitsversorgung werde oft viel zu technisch geführt. Das Gesundheitsystem sei aber nur Mittel zum Zweck. "Uns geht es um die Menschen", sagt die frühere Gesundheitsministerin . Man müsse sich überall in Österreich darauf verlassen können, dass man die nötige Hilfe bekommt.
-
Beim Thema Gesundheit kommt Rendi-Wagner nicht umhin, die Krankenkassenreform der Bundesregierung zu geißeln. Der Umbau der Sozialversicherung sei "der Startschuss für eine schleichende Privatisierung unseres solidarischen Gesundheitssystems". Rendi-Wagner zeichnet ein Szenario mit Selbstbehalten und weniger Kassenärzten.
-
Das Wichtigste habe sie sich für den Schluss aufbehalten. "Ich bin Feministin", sagt Rendi-Wagner und wird dafür reichlich beklatscht. Jede und jeder, der sie heute wählt, solle das wissen. Verdiente SPÖ-Frauen von Hertha Firnberg bis Barbara Prammer nennt sie als ihre Vorbilder, sie alle hätten ihr den Weg geebnet. "Und auch du, Doris", sagt sie an die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures gerichtet. Rendi-Wagner bedankt sich dafür.
-
Sie will erste Bundeskanzlerin werden
Aber sie wolle nicht nur die erste Frau an der Spitze der SPÖ werden. Noch einmal erinnert sie an Jasmin. "Wir sind die Kraft für jene, die selbst zu schwach sind, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind", sagt Rendi-Wagner. Sie bittet die Genossen und Genossinnen um Vertrauen. Mit den "besten Argumenten" werde man die Menschen davon überzeugen, dass die Sozialdemokratie ihnen gut tun werde. Mit größter Überzeugung werde sie dafür kämpfen, "dass wir wieder stärkste politische Kraft in diesem Land werden - und ich die erste Bundeskanzlerin dieser Republik werde!" Jetzt ist der Applauspegel, ganz nach üblicher Parteitagsregie, auf dem Höhepunkt.
-
Schuften und rennen
"Ich werde schuften, ich werde rennen", sagt Rendi-Wagner. Und sie ruft die Partei auf, es ihr gleichzutun. Der erste Schritt, lauten und anhaltenden Jubel zu erzeugen, ist mit einer emotional aufgebauten Rede gelungen. Ob die Mobilisierung sich auch in einem hohen Wahlergebnis weit über neunzig Prozent ausdrückt, wird man am Nachmittag sehen.
-
Parteifinanzen als Applauskiller
Nachdem der Applaus abgeebbt ist, meldet sich Christoph Matznetter als SPÖ-Säckelwart zu Wort. Es scheint ihm fast ein bisschen peinlich, nach der großen Euphorie nun kurz über die Parteifinanzen sprechen zu müssen. Die SPÖ werde nicht so viel Geld aufbringen können, wie "die Truppen von Kurz und Strache" bei der letzten Nationalratswahl zur Verfügung gehabt hätten, sagt Matznetter. Dennoch sei er davon überzeugt, dass es gelingen könne, Rendi-Wagner zur ersten Bundeskanzlerin machen zu können.
-
SPÖ als "Sparefroh"
Matznetter zeigt sich davon überzeugt, dass ein anständiger EU-Wahlkampf zu schaffen ist, und "hoffentlich" auch eine Nationalratswahl, die im selben Jahr wie die nächste Bundespräsidentenwahl stattfinden könnte. Er ruft dazu auf, die Parteiführung nicht dafür zu kritisieren, wenn nicht immer Geld zur Verfügung gestellt werden könne. Für flächendeckende Präsenz hierbei fehle "jeder Euro und jeder Cent". Crowdfunding sei eine finanzielle Möglichkeit für individuelle Projekte. Die Partei müsse sich in den nächsten Jahren als "Sparefroh" beweisen. -
Metaller Wimmer als Aufwecker
Nach dem etwas einschläfernden Kurzreferat des Kontrollors Richard Holzer betätigt sich PRO-GE-Gewerkschaftschef Rainer Wimmer als Aufwecker. Es folgen nun kurze Diskussionsbeiträge. Die Kür der ersten Frau an der Parteispitze sei eine "Chance für unsere Bewegung". Dabei habe es "Pam" - wie er sagt - es zu Beginn nicht einfach gehabt. Nicht immer war der politische Gegner dafür verantwortlich gewesen. Unter anderem mit Herzenswärme, großer Umsicht, Geschick und Menschlichkeit habe sie "Kurs gehalten".
-
Video vom Einzug Rendi-Wagners
Kinder, Coldplay und eine neue SPÖ-Chefin.
-
Was jetzt am Parteitag passiert: Die verschiedenen Delegierten versuchen in ihren Beiträgen, die Spannung aufrecht zu erhalten - mit zum Teil emotionalen Aufrufen. Vom Nationalratsabgeordnetem Mario Lindner kam ein überlautes "Pam! Yes, you can!" Etwas schaumgebremster die AK-Chefin Renate Anderl, der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky appellierte ebenfalls an die Emotionen.
-
Das war übrigens der Soundtrack zu Rendi-Wagners Einzug: "A Sky Full Of Stars"
-
Namensfragen
Jörg Leichtfried griff die Kritik an der Bundesregierung auf. Kanzler Kurz warf er mangelndes Demokratieverständnis vor, obwohl jener dasselbe der SPÖ vorgeworfen habe. Der rote Nationalratsabgeordnete geißelte das Vorhaben der Regierung, Vorbereitungsmaßnahmen für die Kassenreform bereits vor der Gesetzwerdung durchzuführen. Er nannte dies erneut ein "das erste Ermächtigungsgesetz seit 1933". Weniger harsch, aber dafür etwas skurril dann die nachfolgende Behauptung, dass die SPÖ in ihrer 130-jährigen Geschichte "nie ihren Namen geändert" habe. Gegründet wurde sie 1889 als Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), von 1918 bis 1934 hieß sie Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAPDÖ). Nach ihrem Verbot während der Zeit des Austrofaschismus und der nachfolgenden NS-Diktatur hieß die Partei ab 1945 Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) und seit 1991 Sozialdemokratische Partei Österreichs.
-
Sprung an die Parteispitze
Nach ihrer Rede setzte Pamela Rendi-Wagner einen beherzten Luftsprung.
-
"Wenn Rendi rennt ..."
Gabriele Heinisch-Hosek stimmt in den Jubelchor über die erste Frau an der Parteispitze ein und erklärt: "Wenn Rendi rennt, rennen wir mit!"
Heinisch-Hosek wurde übrigens gestern in Wels mit 94,5 Prozent zum fünften Mal als SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende wiedergewählt.
-
Stimmen am Bundesparteitag der SPÖ: Delegierte über den Abschied von Christian Kern und den Blick in die Zukunft
-
Gedenken an verstorbene SPÖ-Mitglieder
Die Delegertienreden sind zu Ende. Der SPÖ-Bundesparteitag wird mit dem traditionellen Totengedenken fortgesetzt. Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda hebt unter den seit dem letzten Parteitag verstorbenen SPÖ-Mitgliedern folgende hervor: Anneliese Albrecht, Karl Duffek, Maria Jonas, Karl Jausecker, Herbert Moritz, Herbert Tumpel, Christine Homola, Rudi Gelbard und Sabine Oberhauser.
-
Die Wahl Rendi-Wagners steht bevor
Jetzt wird wieder Technisches verkündet: Die Feststellung der Beschlussfähigkeit. Von 645 Delegierten sind 596 anwesend (292 Frauen und 304 Männer). Es muss ja trotz des allseitigen Jubels noch die Parteivorsitzende gewählt werden.
Der Parteitag wird übrigens vom Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser geleitet.
-
Parteitagsregie in Verzug: Kern-Rede erst nach 15 Uhr
Peter Kaisers Appellieren an die Rededisziplin hat nicht viel geholfen. Der Parteitag hatscht deutlich hinter dem Zeitplan hinterher. Die Sitzung ist für die Durchführung des Wahlganges bis exakt 15:00 Uhr unterbrochen, sagt Kaiser. Dann soll es mit der Rede von Christian Kern weitergehen. Diese hätte eigentlich schon um 13:35 über die Bühne gehen sollen.
Emotionaler Empfang
Die designierte Parteichefin versuchte, den gespendeten Jubel der Delegierten selbst emotional aufzufangen. Rendi-Wagner zeigte sich zu Beginn überwältigt, sie sei "völlig fertig". Dann setzte sie an zu einer Rede, mit der sie die Genossinnen und Genossen auf ihren künftigen Kurs einschwören möchte. Ihr Ziel sei es, erste Bundeskanzlerin zu werden. Dafür gelte es, nicht nach links sondern "nach vorne" zu schauen, sagte Rendi-Wagner, "dort, wo die Zukunft ist". Eingangs wurdeein Video mit einer Frau namens Jasmin eingespielt. Man müsse Lösungen für die Probleme Jasmins finden, sagte Rendi-Wagner.
Aber Seitenhiebe auf die derzeitige Bundesregierung fielen nicht zu knapp aus. „Lieber Sebastian“, sagte Rendi-Wagner, an Kurz gerichtet, und sprach seine Zeit als Staatsekretär für Integration und als Außenminister an. "Was genau hast du in all diesen Jahren eigentlich gemacht?" Rendi-Wagner gibt unter frenetischem Applaus folgende Antwort: "Du hast gar nichts getan! Du beschreibst, du kommentierst, du kritisierst. Aber Sebastian: Du bist Politiker, und Politiker machen, handeln und tun. Sie versuchen die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern." Ringe sich Kurz dann doch einmal zu einer Entscheidung durch, sei diese falsch wie das Nein zum UNO-Migrationspakt.
Mit angriffigen Aussagen wie diesen traf sie den Geschmack ihres Publikums am besten. Ziemlich genau eine Stunde dauerte die Wahlrede der designierten Parteichefin, die im Wesentlichen nur zu Beginn ein wenig atemlos, weil nervös schien. Der Vortrag war souverän, freilich klammerte sich Rendi-Wagner auch stark an ihre Redeunterlage, was die Delegierten allerdings nicht zu stören schien, wurde sie doch mit Jubel, Trubel, Heiterkeit und stehenden Ovationen gefeiert. Sie selbst versprach: "Ich möchte euch ganz fest umarmen, jeden einzelnen von euch."
Bundesparteitag SPÖ: Tosender Applaus für Rendi-Wagner
Was Rendi-Wagner besonders anprangerte, war, dass sich die Regierung dem Diskurs in Parlament und Sozialpartnerschaft entziehen wolle - etwa mit einem Husch-Pfusch-Gesetz zur Arbeitszeit-Flexibilisierung. Dass sich die Regierung wiederum weigere, eine Volksabstimmung zum Rauchen in der Gastronomie durchzuführen, nannte die geschäftsführende SPÖ-Vorsitzende "armselig". Die Kassenreform sieht Rendi-Wagner als "Startschuss für eine schleichende Privatisierung unseres solidarischen Gesundheitssystems".
Ganz andere Wege will die SPÖ gehen. Die Sozialdemokraten seien die Partei für jene, die nicht auf die Butterseite gefallen seien, sondern jeden Tag kämpfen müssen, erklärte Rendi-Wagner, die aber gleichzeitig ein Leistungsbekenntnis ablegte. Ihre eigene Biografie könne hier als Beispiel stehen. Allerdings müsste allen auch die Möglichkeit gegeben werden, Leistung zu bringen. Dafür brauche es mehr Geld für Brennpunktschulen, den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen und vieles mehr.
Vorschlag zur Wohnpolitik
Einen neuen Vorschlag brachte die künftige SPÖ-Chefin zur Wohnpolitik ein. Ginge es nach Rendi-Wagner, soll es künftig keine Mehrwertsteuer auf Mieten mehr geben. Damit würde mehr als eine Miete pro Jahr eingespart werden.
Nicht allzu präzise war Rendi-Wagner in der Migrationspolitik. "Humanität" und "Ordnung" brauche es da, befand die künftige Frontfrau der Sozialdemokraten eher vage. Klar sei aber, dass man niemals die Sprache und Ideologie jener übernehmen werde, die die Gesellschaft spalten wollten - "kein Rassismus, kein Antisemitismus, kein Antiislamismus - da würden wir uns selbst aufgeben." Auch patriarchalische Strukturen und Machoismus wurde von der selbst deklarierten Feministin Rendi-Wagner eine klare Absage erteilt.
"Mit dem Herzen schauen"
Vergessen waren die jüngsten Dissonanzen zwischen der künftigen Vorsitzenden und ihrem Vorgänger. Sie dankte während ihrer Rede dem heute endgültigen abtretenden Parteichef für die Chance, die er ihr als Gesundheitsministerin gegeben habe, ("Das werde ich dir nie vergessen"), und bescherte Christian Kern dabei einen eigenen Einzug durch das Publikum.
Der eigenen Partei gab Rendi-Wagner, die sich selbst als Kind der Kreisky-Ära schilderte und einen kurzen Hinweis auf ihre Kindheit in einem Favoritner Gemeindebau gab, vor, aufmerksam zuzuhören "und mit dem Herzen zu schauen". Man dürfe nicht nach links und schon gar nicht nach rechts schauen - sondern in die Zukunft nach vorne.
Bundesparteitag SPÖ: Die SPÖ Granden über Rendi-Wagner
35-Stunden-Woche und EU-Wahl
Neben ihrem neuen schon länger bekannten Parteiprogramm wird die SPÖ auf dem Parteitag zwei weitere Leitanträge beschließen. Während jener für die Europa-Wahl relativ allgemein gehalten ist, beinhaltet der "klassische" innenpolitische Leitantrag ganz konkrete Forderungen, etwa die nach einer 35-Stunden-Woche als ersten Schritt zu einer 30-Stunden-Woche.
Im Antrag gesteht die SPÖ ein, dass es ihr nicht gelungen sei, auf veränderte Wählermilieus, Wohlstandsverluste und die Herausforderungen der Migration so zu reagieren, dass der politische Führungsanspruch verteidigt werden konnte. Die Opposition biete nun die Chance, die Partei neu zu gestalten und auf die Veränderungen der Gesellschaft entsprechend zu reagieren, politisch und organisatorisch. Die SPÖ müsse soziale Probleme nicht beklagen, sondern auch lösen. Positionieren will man sich gegen die Koalition, die auf Spaltung setze: "Ganz bewusst will diese Regierung den Konflikt mit allen suchen, die ihre politischen Ansichten nicht teilen."
Der Abschluss des Parteitags am Sonntag steht dann im Zeichen der EU-Wahl: Andreas Schieder, vormals Klubchef der SPÖ im Parlament, wird zum Spitzenkandidaten gekürt.
Tiroler Turbulenzen
Kurz vor dem SPÖ-Parteitag sind aus Tirol kommend noch dunkle Wolken aufgezogen. Der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer brachte Rendi-Wagner mit einem sexistischen Sager im Tiroler Landtag unter Zugzwang. In Richtung der wegen Krankheit abwesenden Grünen Landesrätin Gabriele Fischer sagte er: "Ich will mir die Landesrätin nicht in der Horizontalen vorstellen."
Rendi-Wagner zog rasch Konsequenzen. Sie erklärte Dornauers Aussage als "inakzeptabel", damit sei er als stellvertretender Bundesparteivorsitzender "nicht tragbar". Dornauer werde deshalb "keine bundespolitischen Funktionen - weder im Präsidium noch im Vorstand - übernehmen", schrieb Rendi-Wagner auf Facebook.
Kommentare