Altersvorsorge in Österreich: Staat spielt große Rolle

Symbolbild.
Ein Internationales Forschungsprojekt untersuchte die Auswirkung der Bevölkerungsalterung auf staatliche Transfersysteme.

In Österreich spielt der Staat bei der Altersvorsorge eine größere Rolle als in anderen europäischen Ländern. Das zeigt sich an höheren Beiträgen während des Erwerbslebens und höheren Leistungen im Alter. Das sind zentrale Ergebnisse des internationalen Forschungsprojekts "AGENTA", dessen Ergebnisse ab heute, Montag, bei einer Konferenz in Wien präsentiert werden.

In dem Projekt "Ageing Europe: An Application of National Transfer Accounts for Explaining and Projecting Trends in Public Finances" (AGENTA), an dem neben dem Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) Institutionen aus Großbritannien, Schweden, Frankreich, Spanien, Polen, Ungarn und Slowenien beteiligt waren, wurden staatliche Transfers im Zusammenhang mit demographischen Änderungen analysiert. Dafür wurden altersspezifisch Einkommen und Konsum sowie ökonomische Transfers zwischen Generationen und Altersgruppen in 25 europäischen Ländern untersucht.

Zu den wichtigsten Transfers zwischen Generationen zählen die Wissenschafter die Leistungen, die Eltern für ihre Kinder erbringen, staatliche Pensionen sowie Leistungen des Gesundheits- und Bildungssystems. Um diese zu erfassen, wurden ökonomische und demographische Daten verknüpft und sogenannte "Nationale Transferkonten" für die einzelnen Länder erstellt.

Private Leistungen schwer zu messen

"Wir haben dabei erstmals neben staatlichen auch private Transfers berücksichtigt", sagte der Bevölkerungsökonom Bernhard Hammer vom Institut für Demographie der Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) zur APA. Zu diesen privaten Transfers zählen Geld- und Sachleistungen wie Wohnen und Essen, aber auch im Haushalt durch unbezahlte Arbeit erstellte Dienstleistungen wie Kinderbetreuung, Pflege, Kochen und Reinigung.

Im Gegensatz zu den in vielen ökonomischen Daten abgebildeten staatlichen Transfers seien die privaten Leistungen in den Haushalten wesentlich schwieriger zu messen, betonen die Wissenschafter. Nationale Transferkonten würden diese Lücke schließen.

Die Analyse hat gezeigt, dass die Bevölkerung im Alter von 25 bis 60 Jahren den größten Teil der gesamten Transferleistungen erbringt - sowohl jene zu den Kindern, als auch jene zur älteren Generation. "Daher ist es wichtig, in der Reformdiskussion beide Arten der Unterstützungsleistungen zu berücksichtigen, um eine zu große Belastung der Bevölkerung im Erwerbsalter zu vermeiden", so Hammer.

Das "Lebenszyklus-Defizit"

In der Studie zeigten sich auch Unterschiede in der Gestaltung der Altersvorsorge in Europa. Dafür ermittelten die Forscher, wie die Differenz zwischen Konsum und Arbeitseinkommen im Alter - das sogenannte "Lebenszyklus-Defizit" - durch staatliche Transfers und vermögensbasierte Altersvorsorge finanziert wird. In Österreich ist dabei der Anteil staatlicher Zuwendungen europaweit am höchsten. Hierzulande werden drei Viertel des Konsums im Alter durch staatliche Transfers finanziert.

In Großbritannien oder Deutschland funktioniert die Altersvorsorge stärker über Vermögensbildung - etwa über private und betriebliche Ansparsysteme für die Pensionen sowie private Ersparnisse bzw. Veranlagungen. In den beiden Ländern wird über die Hälfte des Konsums im Alter durch vermögensbasierte Altersvorsorge finanziert.

"Hierzulande setzt man in geringem Ausmaß auf eigene Vermögensbildung zur Vorsorge, während man in Deutschland stärker über Privat- und Betriebspensionen oder Vermögenswerte vorsorgt", so Hammer. Die Folge laut Studie: "Durch die zentrale Rolle bei der Altersvorsorge sind die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf das staatliche Transfersystem in Österreich gravierender als z.B. in Großbritannien."

Slowenien sticht heraus

Europaweit sinkt der Anteil der Bevölkerung im Erwerbsalter und der Anteil der Pensionisten in der Bevölkerung nimmt zu, so Hammer. Diese demographischen Veränderungen würden daher Anpassungen in den staatlichen Transferleistungen erfordern. Manche Länder hätten diese schon vorgenommen: "In Schweden liegt das Pensionsalter im Schnitt fünf Jahre über dem Antrittsalter in den anderen europäischen Ländern." In den skandinavischen Ländern und einigen postkommunistischen Staaten werde die Auswirkung der Bevölkerungsalterung auch durch die gute Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt abgefedert. Besonders herausstechen würde in dieser Hinsicht Slowenien, so der Forscher.

Maßnahmen zur Absicherung staatlicher Transferleistungen hätten jedoch auch Auswirkungen auf das private Transfersystem, schließlich werden staatliche und private Transfers von der selben Bevölkerungsgruppe geleistet: So müsste im Gegenzug zur höheren Erwerbstätigkeit von Frauen die Kinderbetreuung anders gestaltet und mehr Betreuungseinrichtungen für Kinder geschaffen werden, erklärte Hammer. "In Slowenien wird dies durch das niedrigere Pensionsalter abgefedert." Dadurch hätten ältere Menschen, meistens die Großeltern, Zeit, sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen.

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