Alexander Van der Bellen und ein Ritt in die Mongolei

Alexander Van der Bellen und ein Ritt in die Mongolei
Zaungast beim Neujahrsempfang der Hofburg: 129 Botschafter, ein Bundespräsident – und viel Brimborium.

Wachen überall. Draußen, auf dem Ballhausplatz. Im Stiegenhaus. Und selbst im ersten Stock steht bei der Garderobe ein mittelgroßer Soldat der Garde, der mit übergroßem Ernst jedem salutiert, der einen Mantel abgibt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfängt das Diplomatische Corps „zu Hause“, also in der Hofburg. Eine Pflicht für jeden Diplomaten.

Abchasien bis Zypern, 129 Botschafter im Ganzen, im Zeremoniensaal sind Präzision und Ordnung gefragt. Man steht in der Reihe, entlang der Marmor-geschmückten Mauer. Auf dem Parkett: entsprechende Markierungen. Die Exzellenzen werden ihren Zahlen zugeführt – und geschlichtet.

Wie alles im weiten Feld der Welt-Diplomatie sind Sitz- und Steh-Ordnung streng reglementiert. Aufgestellt wird nicht alphabetisch, sondern nach Anciennitätsprinzip. Das ist so ähnlich wie die Seniorität. Nur wird nicht nach biologischem, sondern nach Dienstalter aufgefädelt. Dienstälteste ist heute die Vertreterin von Liechtenstein, Prinzessin Maria-Pia Kothbauer. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung sagt sie sehr viel Nettes über Österreich und dessen Gastfreundschaft, kurzum: Sie erledigt die Sache mit Bravour.

Alexander Van der Bellen und ein Ritt in die Mongolei

Zwei Tagesordnungspunkte fehlen. Der eine ist die Rede des Bundespräsidenten, und um es kurz zu machen: Alexander Van der Bellen unternimmt die obligate außenpolitische Tour d’Horizon und handelt die Themen oft gleich im Kontinent ab: Europa müsse gestärkt, die Konflikte in der Ukraine, Syrien und dem Jemen beendet und die Beziehungen zu Afrika, Latein-Amerika und Asien intensiviert werden. Zum Schluss: ein Appell, den Klimawandel und die Abrüstung ernst zu nehmen.

Dann ist Zeit für das, was Unbeleckte als wahren Höhepunkt empfinden: das Bad in der Menge. Nun liegt es an Van der Bellen, mit Frau und Außenministerin, alle Botschafter zu betratschen. Ein forderndes Unterfangen. Was redet man mit dem Abgesandten der Zentralafrikanischen Republik?

Ein möglicher Trick: Drängt sich nichts auf, versucht man mit Reisen zu punkten. Die man gemacht hat; die man vor sich hat – alle Variationen sind erlaubt.

Oder man tut es wie Karin Kneissl. Beim Abschreiten der Botschafter sorgt sich die Außenministerin nicht um fehlende Themen. Sie verlässt sich einfach auf ihre Sprachkenntnisse: Mit dem Ägypter parliert sie, logisch, Arabisch. Der Botschafterin von Monaco schwärmt sie auf Französisch über die Cote d’azur vor. Und nachdem sie dem mongolischen Abgesandten – diesmal auf Englisch – versprochen hat, mit ihrem Pferd einmal vorbeizureiten, changiert sie für die lateinamerikanischen Embajadores mit demonstrativer Leichtigkeit ins Spanische.

Geschenkte Tschick

Nach einer Dreiviertelstunde erreicht man Botschafter Nummer 70: Trevor Traina aus den USA. Kneissl wird geherzt, und Van der Bellen mit einer Frage konfrontiert, die dem Kalifornier unmöglich spontan eingefallen sein kann. „Haben Sie ihre Chesterfield bekommen?“

Der Präsident lacht und bedankt sich. Und während umstehende Fotografen rätseln, ob die US-Botschaft tatsächlich Zigaretten in die Hofburg geschickt hat, marschiert der Präsident weiter – es fehlen ja noch 59.

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