„Aktion scharf“: 42 Prozent mehr Abschiebungen
Negativbescheide sind konsequent zu vollziehen, wird FPÖ-Innenminister Herbert Kickl nicht müde zu betonen. Der harte Asylkurs schlägt sich jetzt, fast ein Jahr nach Amtsübernahme, in Zahlen nieder. Heuer gab es um 42 Prozent mehr Abschiebungen als im gleichen Zeitraum 2017.
Die Details bekam der KURIER am Dienstag vom Innenministerium: Bis Ende September gab es insgesamt 9278 „Außerlandesbringungen“. 4112 Personen sind freiwillig ausgereist – das ist eine leichte Steigerung von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
5166 Ausreisen erfolgten jedoch zwangsweise – entweder, weil der Asylbescheid der Betroffenen rechtskräftig negativ ausfiel oder weil laut Dublin-Regelung ein anderes Land für das Asylverfahren zuständig war. Bei 3273 Personen war ersteres der Fall, die Steigerung bei diesen Abschiebungen beträgt 42 Prozent.
Fokus auf Außerlandesbringungen
Wie ist das zu erklären? Einerseits, so sagt Wolfgang Taucher, Chef des Bundesamts für Asyl, gibt es seit 2017 mehr Negativ- als Positivbescheide. Der Trend setze sich fort. Seine Behörde lege dementsprechend den Fokus auf Rückkehrberatungen und Außerlandesbringungen.
Zudem wurde der Rückstau aus der intensiven Migrationsbewegung in den Jahren 2015 und 2016 „vollständig abgebaut“. In der Behörde sind jetzt wieder Ressourcen freigeworden – und jetzt müssen jene erneut zittern, die bereits einen Aufenthaltstitel in der Tasche hatten. Asylanwälte und Experten sprechen von einer regelrechten „Aktion scharf“.
Schutz nur auf Zeit
Konkret geht es um jene mit dem Aufenthaltstitel „subsidiärer Schutz“. Dieser wird erst auf ein, dann auf weitere zwei Jahre befristet. Im Gegensatz zum Asyl-Status geht es hier nicht darum, ob jemand persönlich verfolgt wird, sondern um die Sicherheitslage im Herkunftsland. Ist die Behörde der Ansicht, die Lage hat sich verbessert und die Person kann dort in Sicherheit und Würde leben, wird der Aufenthalt in Österreich nicht verlängert.
Von 2015 bis 2017 haben rund 13.000 Menschen den subsidiären Schutzstatus erhalten – hauptsächlich waren das Afghanen.
„Die Angst geht um“
„Es wird praktisch bei jedem sofort ein Aberkennungsverfahren eingeleitet“, sagt ein Asylexperte aus dem NGO-Bereich. „Das ist absurd. Es soll mir jemand erklären, was sich genau an der Lage verbessert haben soll. Laut Berichten ist es in Afghanistan schlimmer denn je.“ Das zeige auch ein aktueller Bericht des Flüchtlingshochkommissariats UNHCR.
„Es geht die Angst um, auch bei jenen, die sehr gut integriert sind“, sagt Rechtsanwaltsanwärterin Lioba Kasper aus der Kanzlei Schmaus, wo derzeit fünf Betroffene vertreten werden.
In einem Fall gab es bereits einen Erfolg: Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Aberkennung bei einem jungen, bestens integrierten Afghanen rechtswidrig war, da sich die Lage vor Ort nicht verbessert habe.
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