Affären-Serie: ÖVP holt sich Ex-Merkel-Sprecher zu Hilfe

Affären-Serie: ÖVP holt sich Ex-Merkel-Sprecher zu Hilfe
In 21 Tagen startet der U-Ausschuss. Um den Imageschaden für die Türkisen zu minimieren, engagiert die ÖVP Georg Streiter. Er war Medienexperte der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

Rutscht ein Unternehmen in eine Schieflage, wird oftmals ein Krisenmanager von außen geholt, der den Karren wieder in die Spur bringen soll. Bereits 21 Tage bevor der Startschuss zum ÖVP-U-Ausschuss fällt, stehen die Türkisen mit neuen Chatveröffentlichung unter Dauerbeschuss.

Wissend, dass der U-Ausschuss ein Polit-Match der Superlative wird, verhandelte die ÖVP bereits viele Wochen mit einem Berater-Vollprofi aus Deutschland – und konnte nun erfolgreich den Vertrag abschließen. Mit Georg Streiter kommt, man kann fast sagen, ein „Master“ der Krisenkommunikation nach Wien. Der ehemalige Vize-Pressesprecher der deutschen Langzeit-Kanzlerin Angela Merkel hat viele Krisen – wenn auch eher von internationaler Relevanz– erlebt.

Es gibt einiges zu tun für den Deutschen, der mehr als sechs Jahre an der Seite von Merkel bei Regierungssitzungen, Arbeitsessen, Auslandsreisen und internen Sitzungen im Bundeskanzleramt mittendrin war. Beging die ÖVP doch im vergangenen Jahr viele bemerkenswerte Kommunikationsfehler.

„Wir sind Papst“

Man erinnere sich nur an die legendäre Pressekonferenz der damaligen Vize-ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz (Stichwort: „Bei uns ist nichts mehr zu finden“) wenige Tage vor den Hausdurchsuchungen bei den Vertrauten von Sebastian Kurz. Auch die permanenten Attacken von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger gegen die Justiz und die WKStA erwiesen sich letztendlich als Bumerang.

Mit dem Engagement von Streiter geht aber auch ein anderes Signal einher: Die ehemaligen türkisen Kommunikationsstrategen Gerald Fleischmann und Johannes Frischmann (beide arbeiten nun im ÖVP-Klub) spielen im U-Ausschuss weiterhin keine Rolle. 

Streiter nimmt nun die beiden ÖVP-Fraktionsführer Hanger und Christian Stocker unter seine Fittiche. Hanger, der in den vergangenen Wochen schon einige Treffen mit dem deutschen Kommunikationsprofi absolvierte, ist von Streiters „klaren Ansagen“ angetan.

Der Deutsche kennt das Polit-Business von beiden Seiten. Vor seiner Karrierestation als deutscher Vize-Regierungssprecher war der heute 66-Jährige Innenpolitik-Ressortleiter bei der Bildzeitung und beim Stern-Magazin in Hamburg.

Der gebürtige Luxemburger gilt auch als der Verfasser einer der legendärsten Bild-Headlines der vergangenen 20 Jahre. Als am 19. April 2005 im Vatikan der neue Papst gewählt wurde und der Name Joseph Ratzinger (später Benedikt XVI.) fiel, rief Streiter damals im allgemeinen Jubel in der Bildredaktion spontan „Wir sind Papst“ – drei Wörter, die dann zur Bild-Schlagzeile, die Geschichte schrieb, wurde.

Gespräche mit Medien

Während der U-Ausschuss- Wochen wird Streiter in Wien anwesend sein und die Kommunikationsstrategie festlegen. Auch Hintergrundgespräche mit Medien vor den U-Ausschuss-Tagen wird der deutsche Kommunikationsexperte abhalten. Dass hierzulande ein viel emotionaleres Polit-Klima und ein anderer Politstil herrschen als in Berlin, hat der Deutsche beim Studium der U-Ausschuss-Aussagen bereits erkannt und soll nicht selten darüber verwundert gewesen sein, wie rau der Ton in der österreichischen Politik sei.

Das Engagement von Streiter für die ÖVP wurde übrigens von der deutschen Socialmedia-Agentur „Storymachine“ eingefädelt. Dahinter stehen zwei prominente deutsche Medienexperten: Die Gründer sind Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und der ehemalige Stern-Chefredakteur Philipp Jessen.

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