64 Prozent der Lehrer halten aktuelle Matura für nicht zeitgemäß

64 Prozent der Lehrer halten aktuelle Matura für nicht zeitgemäß
Schönes Abschlussritual oder veraltete Prozedere: Die Meinungen über die Matura gehen auseinander, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Am 2. Mai ist es wieder soweit. Mit Latein und Griechisch beginnt für Österreichs Maturantinnen und Maturanten die Zentralmatura. Bis inklusive 11. Mai wird ihr Wissen in schriftlichen Klausurprüfungen in insgesamt elf Fächern abgefragt.

Der Österreichische Bundesverlag (öbv) nahm dies zum Anlass, um die Modalität und Zweckmäßigkeit der Reife- und Diplomprüfung zu diskutieren. Im März wurde dafür eine Umfrage unter 634 Lehrkräften aus ganz Österreich durchgeführt. Das Ergebnis: Der Großteil hält die Matura zwar für grundsätzlich sinnvoll - allerdings nicht in ihrer aktuellen Form (39 Prozent bei schriftlicher und 33 Prozent bei mündlicher Matura).

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„Die Matura ist wie die Schule selbst wegbegleitend für Jugendliche. Es ist eine „Generalprobe“ in bekanntem, geschütztem Rahmen für Herausforderungen im Leben, die immer wieder kommen werden.“

von Lehrkraft

So halten 75 Prozent der Lehrkräfte die Matura für ein schönes Abschlussritual der Schulzeit. 64 Prozent geben jedoch an, dass sie in der jetzigen Form nicht zeitgemäß sei. Kritisiert wird etwa, dass anderes zu kurz komme, weil zu stark "auf die Matura hin“ unterrichtet werde (82 Prozent). Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Matura für Schülerinnen und Schüler mit Angst und Stress verbunden sei (75 Prozent) und dass durch sie das letzte Schuljahr großteils aus Bulimie-Lernen bestehe (53 Prozent).

Vorwissenschaftliche Arbeit

Nur neun Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer bewerteten die schriftliche und acht Prozent die mündliche Matura als nicht sinnvoll. Die Vorwissenschaftliche Arbeit bzw. Diplomarbeit halten 61 Prozent der Befragten (grundsätzlich oder in ihrer jetzigen Form) für nicht sinnvoll. 85 Prozent wollen eine verpflichtende Matura behalten, aber 68 Prozent fänden es nötig, sie in wesentlichen Punkten zu ändern.

82 Prozent würden sie stärker an die Schulformen und Zweige anpassen, 56 Prozent fänden es sinnvoll, die Jahresnote des letzten Schuljahres einfließen zu lassen.

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„Die Matura zeigt nicht die Kompetenzen der KandidatInnen, sondern das Engagement der Lehrkräfte im Vorfeld!

von Lehrkraft

Niveau durch Zentralmatura gesunken?

Von der Zentralmatura sind 31 Prozent der Befragten grundsätzlich nicht überzeugt. 44 Prozent halten sie in ihrer jetzigen Form für nicht zielführend. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) sieht die einfachere Korrektur der Prüfungen als Vorteil der Zentralmatura. Auch die österreichweite Vergleichbarkeit (51 Prozent) sowie eine Veränderung ihrer Rolle von Prüfer hin zur Helfer (40 Prozent) werden von den Lehrkräften bei der Zentralmatura als positiv bewertet.

Knapp 99 Prozent der Lehrkräfte geben an, dass es ihnen gelingt, ihre Schülerinnen und Schüler angemessen auf die Matura vorzubereiten (55,3 Prozent definitiv, 43,4 Prozent einigermaßen). Für eine bessere Vorbereitung wünschen sich viele Befragte jedoch mehr Zeit (67 Prozent), teils auch mehr Unterrichtsmaterialien (37,5 Prozent) und eine stärkere Eingrenzung des Stoffs (22,6 Prozent).

„Schaffe ich es bis dorthin, finde ich die Matura unnötig!

von Lehrkraft

Unterschiedliche Forderungen

"Die Umfrage zeigt, dass die Matura für die meisten Lehrpersonen in Österreich nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Bildungslaufbahn ist. Allerdings wird auch klar, dass Veränderungen nötig sind, um sie zeitgemäßer und fairer zu gestalten”, erklärt Maximilian Schulyok, Geschäftsführer des öbv. Die Perspektiven der Lehrkräfte seien sehr unterschiedlich. Einige fordern eine stärkere Anpassung an die Schulform, andere echte Vergleichbarkeit durch externe Bewerterinnen und Bewerter.

"Während einige das gesunkene Niveau beklagen, finden andere, wer es bis zur Matura geschafft hat, brauche gar keine gesonderte Prüfung mehr”, fasst er die Aussagen aus den offenen Textfeldern der Umfrage zusammen.

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