3,5-Tage-Woche ist für Kern "Scharlatanerie"

Neo-GÖD-Chef Norbert Schnedl trat Debatte über 3,5-Tage-Woche los.
Kanzler präferiert "sein" ÖBB-Modell und hält vollen Lohnausgleich für stark überzogen.

Bundeskanzler Christian Kern präzisiert erstmals sein Modell für eine Arbeitszeitverkürzung in Österreich.

Dem SPÖ-Chef schwebt dabei das von ihm selbst als Bahn-Chef umgesetzte ÖBB-Modell – ohne vollen Lohnausgleich – vor. Kern sagte zum KURIER: "Das war bei den ÖBB ein massiver Beitrag zur Produktivitätssteigerung."

Grob gesprochen geht es beim ÖBB-Modell um mehr Freizeit im Abtausch mit Lohnerhöhungen – ähnlich der "Freizeitoption" im Metaller-Kollektivvertrag. Einen vollen Lohnausgleich für weniger Arbeitsstunden gibt es in dem Modell nicht.

Anlass für die Aussagen Kerns ist die Debatte um eine Neuverteilung der Arbeit, losgetreten vom neuen Beamtengewerkschaftschef Norbert Schnedl.

Einige Verwunderung im ÖGB und auch bei der ÖVP löste zuvor aus, dass Kern Schnedls Idee von einer 3,5-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich so rasch als illusorisch abgetan hat.

Kern hätte die Aussagen des schwarzen Spitzengewerkschafters nach "normaler" Polit-Logik eigentlich begrüßen müssen.

Doch Kern sagte bei einer Diskussion im Kreisky-Forum: "Jeder, der ihnen das verspricht, ist ein Scharlatan". Eine Arbeitszeitverkürzung auf 3,5 Tage pro Woche bei vollem Lohnausgleich "ist in einer globalisierten Welt realistisch nicht zu schaffen".

Arbeitszeitverkürzung hat Kern zum ersten Mal auf dem Kärntner Landesparteitag der Roten am 6. Juni gefordert – zusammen mit der Maschinensteuer. Dafür hagelte es in der Folge Kritik von VP-Chef Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling.

AK-Präsident Rudolf Kaske nimmt den Ball Schnedls freudig auf. Er sagte zum KURIER: "Schnedl spricht ein wichtiges Thema an, Arbeit ist in Österreich unfair verteilt. Aber es gibt keine Pauschallösung, es muss an vielen Schrauben gedreht werden, um zur Arbeitszeitverkürzung zu kommen."

ÖGB: "Begrüßenswert"

Auch der Leitende Sekretär im ÖGB, Bernhard Achitz, meint: "Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit muss einfach kürzer werden, wie genau, wird von den jeweiligen Verhandlungen abhängen. Für uns ist jede Möglichkeit zur Arbeitszeitverkürzung begrüßenswert."

Ein Vorschlag der Arbeitnehmervertreter lautet: Weg mit unbezahlten Überstunden. Österreichs Arbeitnehmer leisten pro Jahr 253 Millionen Überstunden, davon 52 Million unvergütet. Kaske: "Wenn man diese Stunden in Vollzeitjobs umwandelt, hätten wir auf einen Schlag 30.000 neue Arbeitsplätze."

Darüber hinaus gefiele ihm ein Rechtsanspruch auf eine bezahlte Weiterbildungswoche im Jahr. Das wäre eine "sinnvoll genutzte" Arbeitszeitverkürzung. Außerdem nicht vom Tisch: Die sechste Urlaubswoche für alle nach 25 Dienstjahren.

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