200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

Die Regierung verschreibt sich dem Kampf gegen die Rekordarbeitslosigkeit. Viele Maßnahmen werden diskutiert, dabei können in etlichen Sparten freie Jobs gar nicht besetzt werden.

Mehr als 30 Einzelmaßnahmen listet Kanzler Christian Kern in seinem ambitionierten "Plan A" auf, um den heimischen Arbeitsmarkt wieder flott zu bekommen. Ambitioniert ist Kerns Vorhaben deshalb, weil er zum "normalen" Jobwachstum bis 2020, das sich aus dem erwarteten Wirtschaftswachstum ableiten lässt (plus 156.000 Jobs), noch einmal zusätzliche 200.000 neue Arbeitsplätze schaffen will.

Wichtigster Einzelschritt, sagen Experten, wäre die geplante Senkung der Lohnnebenkosten um drei Milliarden Euro. Im Detail sollen die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds sinken. Wie das finanziert werden soll, parallel zu vielen anderen kostspieligen Maßnahmen, ist offen. Wird Arbeit in Österreich aber tatsächlich billiger, heißt das beispielsweise neue Aufträge aus Deutschland für die Auto-Zulieferindustrie. Das schafft Arbeit und und sichert bestehende Jobs ab.

Relativ kostspielig ist auch Kerns "Beschäftigungsgarantie" für ältere Langzeitarbeitslose. Kern will staatlich finanzierte Jobs in der Pflege oder bei Gemeinden für rund 40.000 über 50-Jährige schaffen. Das kostet eine weitere Milliarde.

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

200.000 Jobs: Wie Kern den Turnaround schaffen will

Das Programm beinhaltet aber viel mehr, etwa großzügige Investitionen in Schule, Unis und Forschung. Allein aus Kerns Vorstellungen einer Energiewende leitet er 30.000 neue "Greens Jobs" ab. Überhaupt ist der komplette Plan durchdrungen von hohen staatlichen Mehrausgaben. Ob die ÖVP hier mitgeht, ist fraglich. Kerns Vorschlag beinhaltet jedoch die Idee, auch Mittel der Privatwirtschaft (z. B. von Versicherungen) zu mobilisieren.

Ein Schulterschluss in der Regierung wird jedenfalls nötig sein, um die Wende auf dem Arbeitsmarkt einzuleiten und mögliche negative Effekte von Digitalisierung und Robotisierung abzufangen. Deutschland hat es vorgemacht. In Süddeutschland herrscht Vollbeschäftigung, insgesamt liegt die deutsche Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Verantwortlich waren weniger staatlich finanzierte Konjunktur- und Jobprogramme, als teils umstrittene Arbeitsmarktreformen wie die Öffnung des Billiglohnsektors ("Hartz IV").

Der verstärkte Einsatz von neuen Technologien und Robotern wird in fast allen Berufsbereichen und Wirtschaftssparten Jobs kosten. Die Entwicklung bemerkt man an Supermarktkassen oder Bankfilialen, wo Automaten zum Teil die Arbeit der Mitarbeiter übernommen haben. Früher oder später werden aber auch Tätigkeiten im Dienstleistungssektor von der Digitalisierung und Robotisierung betroffen sein, sind sich Experten einig.

Aber so viele Jobs auch wegfallen dürften: Durch jede Veränderung werden auch neue Tätigkeitsfelder geschaffen. Künftig werden „gute IT-Skills, Fachwissen, Kommunikationsfähigkeit und interkulturelle Kompetenzen“ gefragt sein, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. „Um am Arbeitsmarkt der Zukunft reüssieren zu können, ist es erforderlich, immer am Ball zu bleiben und das Schlagwort ,Lebenslanges Lernen‘ mit Leben zu erfüllen“, sagt Kopf.

Spezialisten besonders gefragt Besonders gefragt sein werden Spezialisten. Es werden viele neue, hochspezialisierte IT-Jobs geschaffen und nachgefragt. Ein Job, der etwa als äußerst zukunftsträchtig gilt, ist der des „Big Data Scientists“. Dieser muss Daten sammeln, auswerten und analysieren und im Anschluss neue Geschäftsmodelle und Konzepte für die jeweilige Branche entwickeln. Voraussetzung dafür ist derzeit ein Informatikstudium, bald dürfte es aber eigene Studienzweige dafür geben. Dabei ist auch oft die Fähigkeit wichtig, mit Kunden und Vertretern anderer Fachbereiche zu kommunizieren. Ein weiterer Zukunftsberuf in der IT ist der „Cloud Computing Engineer“. Dieser baut Datenzentren auf und betreut diese bezüglich Ressourcen und Sicherheit. Technische Zukunftsberufe gibt es aber auch im Bereich der Robotik und bei der Entwicklung sich selbst steuernder Fahrzeuge, bei denen automatisierte Sprach- und Bildverarbeitung sowie Sensortechnik und künstliche Intelligenz eine große Rolle spielen. Dieses Berufsbild lässt sich unter „Automatisierungstechniker“ zusammenfassen. Ohne fundierte Ausbildung wird man es schwer haben.

Kommentare