2-G an Unis: Verfassungsjurist Mayer sieht "rechtlich dünnes Eis"

Und wieder ist die Verwirrung groß. Diesmal geht es um den Fleckerlteppich bei den Corona-Zugangsregelungen an den Hochschulen.Auch innerhalb einer Stadt wie Wien unterscheiden sich die Regelungen. Manche könnten gar rechtswidrig sein.
Zugangschaos
So kommt es, dass die Uni Wien, Uni Graz und die Uni Linz mit 2,5-G-Regelungen fahren, also Personal und Studierende nur geimpft, genesen oder PCR-getestet den Zugang erlauben. 4,6 Kilometer von der Uni Wien entfernt setzt die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) ab dem Sommersemester (startet im März) aber auf 2-G – also nur Geimpfte und Genesene kommen rein. Ausnahmen bilden Personen mit Impfbefreiung.
Die Universität Klagenfurt verschärfte schon Mitte November vergangenen Jahres den Zugang. Sie war die erste öffentliche Uni, die die 2-G-Regel eingeführt hat.
Während die Uni Klagenfurt aber für impfunwillige Studierende Online-Alternativen anbietet, wird die WU in Wien das nicht tun. Die Reaktionen der Interessengruppen sind, wie vieles in der Corona-Maßnahmendebatte, gespalten.
Die Uni-Gewerkschaft spricht sich – wenig überraschend – klar gegen die 2-G-Regel an den Unis aus. Eine solche sei abgesehen von Medizin und Kunst (Gesang oder Blasinstrumente) „unverhältnismäßig“, so die Gewerkschaft.
2-G bundesweit
Auf der anderen Seite des Spektrums: Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) und der Universitätensenat. Sie fordern vom Bildungsminister eine gesetzliche Grundlage zur bundesweiten 2-G-Regelung.Nur so könne ein Präsenzbetrieb gewährleistet werden. Aber kann der Bildungsminister eine flächendeckende Zugangsregelung einführen?
Nicht unbedingt. Das würde sich mit der im Bundesverfassungsgesetz garantierten Universitätsautonomie spießen. Auf ihr beruht auch das bereits erwähnte zweite Covid-19-Hochschulmaßnahmengesetz. Allerdings ist das Bildungsministerium auch die Aufsichtsbehörde der Unis.
Es wäre dann gefordert, wenn an den Unis „willkürlich“ vorgegangen würde. „Das ist aber hier nicht der Fall“, heißt es auf KURIER-Anfrage aus dem Bildungsministerium. Zudem ist die Durchimpfungsquote an den Unis mit 86 Prozent höher als im österreichischen Durchschnitt.
Juristisch umstritten
Die Folge von bundesweitem 2-G an Unis: 14 Prozent der Studierenden wären von der Lehre an der Uni ausgeschlossen, sollten sie keine Impfbefreiung haben. Die WU zeigt sich davon wenig beeindruckt, immerhin gilt bereits das Impfpflichtgesetz. Aber: Immer mehr Experten äußern zu 2-G an der WU juristische Bedenken. Denn in Österreich gibt es ein Grundrecht auf freien Zugang zur Bildung.
Beim Ausschluss von Ungeimpften, wie er nun auf der WU ohne Alternativangebote passieren wird, ortet Verfassungsjurist Heinz Mayer eine Grundrechtskollision. Mayer: „Das Argument der Uni Klagenfurt für 2-G, dass Unis Stätten der Wissenschaft sind, reicht nicht aus. Wenn 2-G aber zur Bekämpfung von Covid eingesetzt wird, dann müssen sie für Ungeimpfte Alternativlehrangebote schaffen.“
Ohne Lehralternativen für Ungeimpfte „ist das rechtlich dünnes Eis“, so der Verfassungsjurist. Letztlich könnte über die Verfassungsmäßigkeit nur der Verfassungsgerichtshof entscheiden
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