1,50 Euro für Asylwerber: Länder suchen nach einem Schlupfloch

Kanzler Kurz steht hinter Kickls Plan, Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner sieht keinen Grund für Änderungen.
ÖVP-Länder zahlen für Gemeinnützige Arbeit zwischen drei und fünf Euro pro Stunde und wollen das beibehalten.

Der Streit um den Stundenlohn, den Asylwerber für gemeinnützige Arbeit bekommen sollen, erreicht nun auch die Koalitionsparteien. Zwar steht ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz hinter den Plänen von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, den Anerkennungsbeitrag für Asylwerber auf 1,50 Euro pro Stunde zu senken. Innerhalb der Volkspartei regt sich nun aber Widerstand.

So sieht Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner keinen Grund, den Stundenlohn für Asylwerber in seinem Bundesland von derzeit vier Euro auf 1,50 Euro zu senken. "Wir haben hier ein sehr gut funktionierendes Modell aufgebaut", erklärte Wallner am Dienstag.

"Kein Grund, etwas zu ändern"

In Vorarlberg waren im Vorjahr rund 540 Asylwerber gemeinnützig tätig – zur Zufriedenheit aller Beteiligter, wie betont wird. "Wir sehen keinen Grund, etwas zu ändern", heißt es zum KURIER. Daher werde man prüfen, ob es einen Spielraum für die Länder gibt.

Einfach ignorieren kann Wallner die Verordnung Kickls nicht. Nach Paragraf 7 des Grundverordnungsgesetzes ist der Innenminister "ermächtigt, (...) Höchstgrenzen für den Anerkennungsbeitrag festzulegen".

Amtsmissbrauch

Wenn Vorarlberg nun die Verordnung einfach ignoriert und weiterhin vier Euro bezahlt, "dann wäre das natürlich rechtswidrig", sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer zum KURIER. Landeshauptmann Wallner könnte sogar wegen Amtsmissbrauchs angeklagt werden (dafür drohen bis zu fünf Jahre Haft).

So weit wird man es aber nicht kommen lassen: "Wenn man es tun muss, wird man es machen", sagt ein Sprecher Wallners zum KURIER.

1,50 Euro für Asylwerber:  Länder suchen nach einem Schlupfloch

„Die Verordnung des  Innenministers  einfach zu ignorieren, wäre natürlich rechtswidrig", sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer.

Etwas dazulegen

Aber was für Möglichkeiten hat ein Bundesland, sich gegen eine Verordnung des Innenministers zu wehren?

"Die Sache ist sehr komplex", sagt Peter Bußjäger, Föderalismusexperte von der Uni Innsbruck, zum KURIER. Grundsätzlich sei das Vorgehen des Innenministers rechtlich korrekt. "Allerdings könnten Länder und Gemeinden auf die 1,50 Euro im Rahmen der Privatwirschaftsverwaltung etwas dazulegen." Dass der Innenminister dies unterbinden könnte, sei fraglich, so Bußjäger.

Im Gegenzug könnte der Bund den Ländern dann den Kostenersatz für die Grundversorgung kürzen. Angesichts der Tatsache, dass Vorarlberg für die gemeinnützig tätigen Asylwerber im Vorjahr gerade einmal 22.000 Euro ausgegeben habe, sei das "finanziell verkraftbar", so Bußjäger.

1,50 Euro für Asylwerber:  Länder suchen nach einem Schlupfloch

Universitätsprofessor Peter Bußjäger

Laute und leise Kritik

Nach den ORF-Gebühren ist der Stundenlohn für Asylwerber schon der zweite Anlassfall binnen kurzer Zeit, der zu einem deutlichen Murren aus ÖVP-geführten Ländern führt. Allerdings im Fall der Asylwerber nicht so laut und nicht so geschlossen.

In Oberösterreich hält man fünf Euro Entschädigung "für angemessen", sagt Landeshauptmann Thomas Stelzer. Wenn der Bund nun 1,50 Euro verordne, werde man das "wohl oder übel" übernehmen müssen. "Dass das nicht förderlich ist, sich für gemeinnützige Tätigkeiten zu engagieren, ist aber auch klar", so Stelzer.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter will den Verordnungsentwurf genau prüfen. Grundsätzlich hält er das Tiroler Modell (drei Euro pro Stunde) für "ein gutes System".

Deutlicher fällt die Kritik von Platters grüner Stellvertreterin Ingrid Felipe aus: "Um dieses Geld geht niemand arbeiten", sagt sie. Am Montag hatte schon Innsbrucks Bischof Hermann Glettler die 1,50 Euro als "Hohn" kritisiert.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer will die Causa nicht kommentieren: "Wenn wir etwas zu sagen haben, dann tun wir das intern, nicht über die Medien."

Stadt-Salzburgs ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner wiederum begrüßt die Senkung dezidiert: Die fünf Euro, die die Stadt derzeit für gemeinnützige Arbeit zahlt, seien zu viel.

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