Ich zähle nicht mein Geld, sondern Freunde

Ich zähle nicht mein Geld, sondern Freunde
Auszüge aus dem Buch: Wenn wir mit dem erhobenen Zeigefinger auf andere zeigen, weisen immer drei Finger auf uns selbst.

Es gibt die Weltverbesserer, die immer gleich die ganze Welt verändern, den Weltfrieden retten oder den Klimawandel stoppen wollen. Dieser missionarische Eifer geht uns trotz der guten Absichten schnell auf die Nerven. Aus Höflichkeit hören wir zwar vielleicht zu, aber wir schalten völlig ab. Wenn der Sensor der persönlichen Betroffenheit deaktiviert ist, können wir uns zwar hier und da aus einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Pflichtgefühl dazu aufraffen, „etwas für die Umwelt, die Hungernden in Afrika oder für den Klimaschutz zu tun“, aber über tröge Pflichterfüllung wird es selten hinausgehen.

Nur dort, wo wir erkennen, dass es sehr wohl einen Zusammenhang zwischen dem, was wir tun, was wir einkaufen, was wir verbrauchen, was wir essen und der Lebensqualität für uns und unsere Kinder gibt, wird sich in unserem Denkmuster etwas bewegen.

In heiklen Situationen zu helfen, birgt Risiken, die wir innerlich abwägen, bevor wir handeln. Das beginnt bei der Scham, etwas falsch zu machen und geht bis zur Angst, selber verletzt zu werden. Dieser innere Entscheidungsprozess kann Sekunden dauern – manchmal dauert er zu lange.

Die Erfahrung, dass man mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit Übergriffe stoppen kann, wenn man nicht allein, sondern gemeinsam mit anderen agiert, kann entscheidend sein, das eigene Zögern zu überwinden.

Die Unterstützung anderer gewinnt man, indem man sie direkt anspricht: „Entschuldigen Sie, aber ich glaube, wir sollten jetzt gemeinsam etwas tun. Kommen Sie bitte mit.“ Damit bricht man die Erstarrung des Zuschauereffekts und niemand kann sich so leicht drücken. Als Opfer sollte man einen Zuschauer ganz konkret ansprechen: „Sie mit dem roten Pullover, bitte helfen Sie mir, rufen Sie die Polizei.“

Den Umgang mit bedrohlichen Situationen lernt man durch Wissen und Training – nicht durch Verdrängung.

Fortschritte habe ich beim Umgang mit der Angst vor dem Verlust meines Vermögens gemacht. Ich lasse mich nicht mehr von der medialen Hysterie anstecken und vertraue meiner täglichen Schutzimpfung: Ich zähle nicht mehr mein Geld, sondern meine Freunde. Die Zeit mit ihnen ist mir noch wertvoller geworden. Ich richte meine Energie darauf, was ich in meinem Leben noch alles schaffen werde, und nicht auf das, was ich verlieren könnte.

Die wichtigste Botschaft: Du hast die Wahlfreiheit. Vielleicht manchmal nicht im Handeln, aber zumindest immer in Gedanken. Je bewusster du wählst, desto mächtiger bist du. Die Menschheit hat in der Vergangenheit oft bewiesen, dass sie über unglaubliche kollektive Fähigkeiten verfügt, ihre Probleme zu lösen. Wenn wir diese Kreativität darauf richten, gemeinsam zu überleben, dann haben wir die Möglichkeit dazu.

Andreas Salcher: „Ich habe es nicht gewusst.“

ecowin, 276 Seiten, 22,90 Euro

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