Hat Österreich noch Weltklasseniveau?

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Nur mit Spezialisierung und Leistungsbereitschaft sind Stockerlplätze erreichbar.

Angesichts des heimischen Katzenjammers über die Olympischen Spiele vergisst man beinahe deren Grundprinzip. Und das lautet ja nicht: "Alles ab dem vierten Rang ist wertlos", sondern "Dabei sein ist alles". So gesehen ist es natürlich ungerecht, die beiden fünftplatzierten Kanutinnen sowie die Segler und den Schwimmer Dinko Jukic, die Platz vier und damit "Blech" errangen, als Verlierer abzustempeln.

Trotzdem ist niemandem gedient, wenn nun heimische Sportfunktionäre das Debakel beschönigen: Denn Österreich hat bei diesen Olympischen Spielen so schlecht abgeschnitten wie seit einem halben Jahrhundert nicht. Daraus muss Sportminister Darabos ernsthafte Konsequenzen ziehen. Im KURIER-Interview (Freitag-Ausgabe) hat er angekündigt, weniger auf die Gießkanne und mehr auf "Prime-Sportarten" zu setzen.

Sein Wort in Gottes Ohr. Denn wo kann ein kleines Land wie Österreich international erfolgreich sein? Natürlich nur in Nischen. So ist zum Beispiel die Vorarlberger Firma Doppelmayr bei den Seilbahnen Weltmarktführer. Wir sind auch Spitze bei Wein, bei der Musik (wobei die Stars meist aus Osteuropa importiert werden) und beim Slalom-Skifahren.

Spitzen und Breite

Womit wir wieder beim Sport wären. Wer "schneller, höher stärker" sein will (das olympische Motto), muss auch für Breite sorgen. Aber hier liegt ebenfalls vieles im Argen. So hat die angebliche Sportstadt Wien zwar einige Event-Highlights. Aber die Infrastruktur für Schwimmer ist mehr als jämmerlich. Es gibt kein echtes Ballsport-Zentrum, nicht einmal ein international herzeigbares Stadion. Beim Fußball wird viel Geld in die Haus- und Hofvereine der regierenden Stadtpartei gesteckt. Aber angesichts der unterklassigen Ergebnisse dürfte es sich nicht um die "Nische" handeln, die Darabos meint.

Mensch-Maschinen

Man kann ruhig auf das amerikanische Bildungswesen schauen, wo der College-Sport eine überaus wichtige Rolle spielt. Bei uns hingegen hat man jahrelang den Sport (wie auch handwerkliche und musische Fächer) als quasi minderwertige Stunden aus dem Unterrichtsplan gedrängt. Niemand will "asiatische Zustände", bei denen Kinder schon im Vorschulalter für den Spitzensport selektiert werden und als zu trainierende Mensch-Maschine betrachtet werden. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob eine Gesellschaft, die Leistung immer mehr verachtet, auch in Zukunft erfolgreich sein kann. Da geht es nicht nur um Olympische Spiele, sondern auch um Wissenschaft und Wirtschaft, und damit um die soziale Absicherung aller. Denn Letztere fällt ja nicht vom Himmel (wie immer mehr Bürger in ihrer postmaterialistischen Bequemlichkeit glauben), sondern muss erarbeitet werden. Gelegentliche vierte Plätze zeigen: Wir halten in wenigen Teilbereichen noch mit der Weltelite mit. Aber wenn wir jetzt nicht schnell wieder "anzahn", wird der Sinkflug weitergehen. Und zwar in allen Bereichen.

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