Grün-schwarze Fahrgemeinschaft

Grün-schwarze Fahrgemeinschaft
Serie "Parteichefs auf Achse": Die Grüne Frontfrau Eva Glawischnig ist auf Wohlfühl-Tour. Ihre größten Fans sind ÖVP-Bürgermeister.

Eva Glawischnig tritt kräftiger, sie strengt sich nur kurz an. Und schon ist es passiert: Zwischen den Weinbergen zieht sie an der Kolonne vorbei, sie gibt ordentlich Gas – und Tage später wird sie genau damit wieder ein Problem haben; ein kleines zumindest.

Während andere Parteichefs in Ibiza oder im Salzkammergut urlauben, hat sich die 43-jährige Bundessprecherin der Grünen eine "Zuhör-Tour" verordnet: 45 Stationen, verteilt übers ganze Land, der "Eva-Bus" ist den ganzen August lang unterwegs. Er fährt von Bregenz bis Rust, parkt beim Blau­rackenfest im südoststeirischen Stainz genauso wie am Fuße des Schneebergs.

Eva Glawischnig will Menschen treffen. Wähler, Funktionäre, politisch Andersdenkende. Deshalb ist sie jetzt in der Wachau unterwegs. Hier, im weltberühmten Herzen von Niederösterreich, sind Erwin Pröll und die Landes-ÖVP die bestimmende politische Kraft. In früheren Wahlkämpfen unterstellte man Glawischnig, für "Zwangsvegetarisierung" und "Hasch­trafiken" zu stehen. Kein leichter Boden also für die Grüne – möchte man zumindest meinen. Denn abgesehen von öko-affinen Jungwählern und deklarierten Glawi-Fans sind es diesmal ausgerechnet die christlich-sozialen Bürgermeister, die am Donau-Ufer die Nähe der Kärntnerin suchen.

Korruption

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"Die Korruptionsfälle tun uns sehr weh", erzählt etwa Weißenkirchens Bürgermeister Anton Bodenstein. Und während er die "Frau Doktor" durch einen schmucken Renaissance-Hof seiner Ortschaft führt, lobt er ihre Eloquenz und preist sie für die jüngsten Fernseh-Auftritte.

Haschtrafiken? Zwangsvegetarisierung? Ach wo!

Im Gegenteil: Auch für Johann Schmidl, den Stadtchef im verträumt-romantischen Dürnstein, ist es selbstverständlich, dass er sein Fahrrad stets auf Augenhöhe mit Glawischnig durch die engen Gassen schiebt. Vorbei an den Geschäften, die Wein und Marillenmarmelade feilbieten; vorbei an neugierigen Wein-Bauern, die ihre Traktoren waschen und denen die Dame neben Schmidl "schon irgendwie bekannt vorkommt".

Der leutselige Ortsvorsteher sieht es nachgerade als oberste Bürgermeisterpflicht, Glawischnig auch durch das Freibad zu führen.

Die Chlorgasanlage wurde durch "Natur" ersetzt, die Wärme kommt von Solar-Paneelen, im Wasser schwimmen Kaulquappen – wen, wenn nicht eine grüne Spitzenpolitikerin sollte so ein vollbiologischer Naturteich interessieren?

Wohlfühltour

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Glawischnigs Reise ist eine "Wohlfühltour" – in vielerlei Hinsicht: Bisweilen unzufriedene Ortsfunktionäre lassen sich so wunderbar befrieden. Die Parteispitze signalisiert ihnen: Wir unternehmen etwas, wir sind bei euch – und bei den Menschen.

Auch Glawischnig selbst genießt das Projekt: Die Söhne und ihr Mann sind öfter mit von der Partie; und am flachen Land werden die großen Probleme, die sie in der Bundeshauptstadt manchmal quälen, kleiner.

Das rot-grüne Parkpickerl in Wien? Die geplatzte schwarz-grüne Koalition in Graz? Das interessiert doch nur Städter, heißt es immer wieder. "Die Menschen bewegen andere Themen", sagt Glawischnig. "Allen voran die Korruptionsfälle."

Anstand und Moral, das ist das eine große Thema. Dann bleiben noch die Alltagssorgen: "Die Schulferien dauern neun Wochen; und ich hab’ niemanden, der auf die Kinder aufpasst. Was soll ich tun?", klagt eine Mutter.

Glawischnig kann nicht immer Lösungen anbieten. Aber sie hört zu, und das sei, so sagen zwei Maturanten in Krems, schon mehr, als andere tun: "Die reden ja nicht einmal mit den Jungen."

Nach dem Ausflug in die Wachau wird sich der Boulevard über Glawischnigs Elektro-Auto echauffieren. Sie sei mit 160 km/h über die Autobahn gebrettert, schreiben Revolverblätter. Dass ihr E-Mobil keine 160 Sachen macht und sie gar nicht am Steuer saß, wird erst später berichtet. Unterm Strich bleibt: Glawischnig hat Gas gegeben – dabei war’s ja nur das eine Mal. Auf dem Fahrrad in den Wachauer Weinbergen.

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