Grassers Steuerakt, ein Kriminalfall?

Trotz millionenschwerer Honorare eines Meinl-Fonds hat Ex-Minister Grasser zuletzt nur 919 Euro Steuern gezahlt.

Man muss sich Karl-Heinz Grasser als einen durchschnittlichen Österreicher vorstellen. 1932,50 Euro brutto im Monat, zwölf Mal im Jahr, das war das Einkommen des ehemaligen Finanzministers der Republik im Jahr 2009 – zumindest laut seiner offiziellen Steuererklärung. News -Aufdecker Kurt Kuch und in Bälde dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss liegen die Steuerakten des ehemaligen Regierungsmitglieds vor. Und die zwischen 2000 und 2009 datierenden Dokumente weisen eine bemerkenswerte Besonderheit auf: Während Grasser vor seiner Zeit als Finanzminister und später im Amt ganz ausgezeichnet verdient hat, sackte sein steuerpflichtiges Einkommen auf zuletzt „nur“ 23.190 Euro im Jahr. Die fälligen Steuern abzüglich der Kosten für den Steuerberater: 919,87 Euro.
Mit anderen Worten: Der Unternehmer Karl-Heinz Grasser hat bloß ein Zwanzigstel des Magna-Angestellten Grasser verdient.

Widerspruch

Bei anderen Ein-Mann-Unternehmen wäre ein derart geringes Einkommen nicht mehr als der Hinweis auf fehlende Aufträge und sinkende Umsätze. Im Falle KHGs ist die Sache allerdings komplizierter, denn Grassers steuerpflichtiges Einkommen steht in klarem Widerspruch zu seinem weltmännischen Lebensstil. Und auch die Finanzbehörden fragen sich: Wie passt das geringe Einkommen zu jenen zumindest drei Millionen Euro, die Grasser 2007 und 2008 als Manager bei dem Meinl-Fonds „Meinl International Power“, kurz MIP verdient hat? Die Einvernahme-Protokolle von Grassers Steuerberater lassen folgenden Schluss zu: Grasser ließ sich die Honorare seines MIP-Engagements direkt und ohne Steuern zu zahlen in Stiftungen in Liechtenstein überweisen, um das Geld dann über Kredite bzw. Honorare an seine Firma „Valuecreation“ über Umwege wieder abzuschöpfen.

Tatsächlich verbuchte die „Valuecreation“ zwischen 2007 und 2009 Bilanz-Gewinne im Bereich zwischen 582.000 und 960.000 Euro. Grasser selbst argumentierte seine Liechtensteiner Stiftungskonten immer so: Vaduz sei diskreter als Wien, steuertechnisch zahle er da wie dort aber dasselbe. Der renommierte Steuerberater Karl Bruckner bezweifelt das: „Nach allem, was bekannt ist, wollte Herr Grasser mit dem komplexen Firmen- und Stiftungsgeflecht offenkundig den heimischen Spitzensteuersatz von 50 Prozent umgehen.“

Verdacht

Diesen Verdacht hegen auch Steuerfahnder. Denn die Finanz sieht den „konkreten Verdacht einer Abgabenhinterziehung“, die nicht bloß die Einkommens-, sondern auch die Umsatz- und Kapitalertragssteuer umfasst. Insbesondere ein 3,7-Millionen-Euro-Darlehen, das eine der Grasser-Stiftungen dem Ex-Minister für die Renovierung seines Penthouses zahlte, ist für die Justiz „aufklärungsbedürftig“. Im schlimmsten Fall drohen Grasser eine saftige Nachzahlung der Einkommenssteuer sowie eine Geldstrafe. Grassers Anwalt Manfred Ainedter will das Magazin News klagen, weil es den Steuerakt veröffentlicht hat. Bei dem Artikel handle es sich um einen „Sturm im Wasserglas“. Grasser habe jedenfalls „erhebliche Beträge“ an Steuer gezahlt.

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