Generation "Es reicht" ruft zum Protest

Generation "Es reicht" ruft zum Protest
In 1000 Städten weltweit protestieren heute die "Empörten" dafür, dass ihre Stimmen nicht länger überhört werden.

Mehr als ein verlegenes Lächeln hat der Kronprinz nicht parat, als ihm der junge Mann den Aufruf zur Großdemo in die Hand drückt. Tatsächlich kommen wird Thronfolger Felipe wohl nicht, obwohl die Schlussveranstaltung der Kundgebung gerade einmal ein paar Hundert Meter vom elterlichen Palast entfernt stattfindet: An der Puerta del Sol im Zentrum von Madrid, wo schon im Mai Hunderttausende junge Spanier Woche um Woche friedlich demonstrierten.

Den Geist dieser Proteste will die Bewegung der "Indignados", also der Wütenden, an diesem Samstag wieder wachrufen. Diesmal aber ist es mehr als die Wut auf die Banken, die Globalisierung und auf eine hilflose Politik, die einer ganzen Generation in Spanien die Chancen auf eine Zukunft in Sicherheit und Wohlstand genommen hat. Diesmal, so hat man es im Aufruf formuliert, geht es um "eine Stimme für einen weltweiten Wandel". "Wir müssen auf die Straße gehen", meint ein Vertreter der Bewegung, "um zu zeigen, dass auch wir Kraft haben, dass auch wir gehört werden müssen."

Und das nicht nur in Spanien. Die Protestwelle soll heute, Samstag, die ganze Welt erfassen, wenn es nach dem Wunsch ihrer Organisatoren geht. In mehr als 70 Staaten, darunter auch Österreich, sind Kundgebungen und Demonstrationen geplant. Von Stuttgart bis Brüssel, von Lissabon bis London werden sich Tausende, überwiegend junge Aktivisten einfinden - um von sich hören zu lassen: "Wir wollen mitreden!"

Viele Meinungen

Generation "Es reicht" ruft zum Protest

Die Forderungen der " Empörten sind ein riesiges Konvolut verschiedenster Wünsche: Gegen die Macht der Banken und Politiker; gegen soziale Ungleichheit, für Mitsprache, für echte Demokratie. Auf einen Nenner lassen sich diese Forderungen nicht bringen - und das ist durchaus so gewollt: Die Aktivisten wollen sich nicht etikettieren, in eine Ecke drängen lassen, sie folgen keiner Struktur und keiner Zentrale. "Wir sind nicht gegen das System - das System ist gegen uns", hatten die Spanier wochenlang skandiert und verlangt: Mitsprache, sofort und vehement. "Wir sind alle betroffen, wollen alle mitreden", ist der Appell eines jungen Deutschen auf Facebook: "Wir bauen unser Podium selber."

Fast hatte es so ausgesehen, als wäre den "empörten" Jungen in Europa die Luft ausgegangen. Doch von New York aus, wo Wall-Street-Kritiker seit vier Wochen ihre Zelte aufgeschlagen haben, bekam die Protestwelle einen neuen Schub. "Occupy Wall Street" beflügelte auch jenseits des Atlantiks wieder jene, die soziale Schieflage und Perspektivenlosigkeit nicht länger ohnmächtig hinnehmen wollen.

Doch anders als in den USA, wo die Protestierenden mit den Banken und Finanzinstituten der Wall Street einen klaren Gegner haben, fehlt in Europa meist ein expliziter Adressat für die Empörung: Die Politiker, die Reichen, die Banken, die Korruptionisten? Bleibt der "Feind" aber so diffus wie bisher, könnte sich die ganze "Empörung" bald wieder in Luft auflösen, glauben Protestforscher. Eines aber wisen auch sie: Das Unbehagen, das Millionen Junge ohne Jobs und ohne Chancen antreibt, ist deswegen noch lange nicht weg.

Und auch wenn sie es nicht immer in klaren Forderungen formulieren können, zumindest lustig machen können sie sich über das, was sie kaputt macht. Der spanische Prinz wurde im Nu zum Hit auf Youtube. "Klar", ätzte dazu einer der "Indignados", "er ist ja einer von uns: Schon 40 und noch nie einen echten Job gehabt."

„Die 99 Prozent“: Die Betroffenen

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Erfahrungsberichte Unter dem Motto "Wir sind die 99 Prozent", nämlich der nicht-superreichen US-Bevölkerung, schildern Amerikaner ihre persönlichen, oft schwierigen Erfahrungen in der Wirtschaftskrise. Nachzulesen sind die Einträge auf der website wearethe99percent. tumblr.com

"We are the 99 percent" ist mittlerweile zu einer Art Schlachtruf der Proteste geworden.

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