Für Steuerzahler wird ÖBB zur Geisterbahn
Ausnahmsweise hat Finanzministerin Fekter ihre besten Sager der Öffentlichkeit vorenthalten. „Schlaflose Nächte“ bereite ihr ein „mordsschmerzhaftes Paket“, bekannte sie im nicht öffentlichen Budgetausschuss. Und setzte doch durch, dass tags darauf der Nationalrat das langfristige Investitionsprogramm für die ÖBB beschloss, das die künftigen Steuerzahler mit weit über 100 Milliarden zusätzlichen Schulden und Zinsen belasten wird. Nur zu den Größenordnungen: Das ist rund die Hälfte der jetzigen viel zu hohen Staatsschulden oder ein Drittel des aktuellen Bruttoinlandsproduktes. Für die Steuerzahler werden die ÖBB zur finanziellen Geisterbahn.
Zum Blindflug wurde schon der Beschluss der Parlamentsmehrheit. Sie gab die gigantische Summe für einen Rahmenplan der ÖBB frei, der ihnen inhaltlich nicht einmal bekannt ist. Was die Bundesregierung für die langfristige Zukunft der Bahn im Vorjahr beschloss, wurde nämlich konkret weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit mitgeteilt. Erstmals muckten gegen diese abenteuerliche Vorgangsweise selbst Abgeordnete der Koalition auf. Der Ex-Verkehrssprecher der ÖVP, Maier, setzte seinen Widerstand bis zu seiner Gegenstimme im Plenum fort. Seine Bauernbundkollegen im Finanzausschuss ließen sich dagegen ihre Forderung nach seriöser Budgetplanung durch ein Tauschgeschäft abkaufen: Sonderregelungen bleiben unangetastet für Bauern, die ihren Führerschein beim Traktorfahren nicht dabei haben ...
Völlig irreale Planungen
Die Investitionspläne für die ÖBB gehen erkennbar von völlig irrealen Prognosen aus. Das beweist allein der Rückblick auf die milliardenschweren Maßnahmen der letzten Jahrzehnte: Weder gelang die deutliche Umlenkung von Personen und Fracht auf die Schiene – mehr als die Hälfte der ÖBB-Passagiere wird per Bus auf den Straßen befördert – noch kamen die ÖBB zu jenen Gewinnen, mit denen sie die Investitionen finanzieren sollten. Die Zukunft wird weit düsterer. Die Haupt-Kostenbringer sind die Tunnelprojekte an der Südbahn – Semmering und Koralm – sowie der Brenner-Basistunnel.
Alles Projekte, die vor allem von den betroffenen Bundesländern durchgesetzt und von einer seit Jahrzehnten in Sachen Bahn nahezu allmächtigen Lobby der Bauindustrie langfristig forciert wurden. Dass sich die Milliarden-Löcher an der Südbahn zu einer europäischen „baltisch-adriatischen Achse“ auswachsen könnten, ist offensichtlich ein Hirngespinst und regionalpolitische Propaganda. Und dass sich die europäische Lkw-Lawine in den Brenner-Tunnel verlagern lässt, ist ebenso Schimäre wie die Milliarden-Co-Finanzierung durch die schwer pleitegefährdeten Italiener erkennbares Wunschdenken ist. Politische Mogelpackungen gehören inzwischen ja zum alltäglichen Geschäft. Inhalt und Umsetzung dieses ÖBB-Paketes aber ist mehr. Mehr auch als „mordsschmerzhaft“. Es ist weit jenseits der Fahrlässigkeit.
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