Frühjahrsputz im Parteienstaat
Der kommende Freitag könnte in die innenpolitischen Annalen eingehen: Die SPÖ/ÖVP-Regierung schickt sich an, ein wichtiges und längst überfälliges Paket für eine moderne, transparente Parteiendemokratie vorzulegen.
Bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber Politiker-Ankündigungen – am Dienstag nach dem Ministerrat zeichnete sich eine Einigung über das Sauberkeits-Paket ab. "Wir sind fast fertig", bestätigt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, ÖVP-Mitglied in der Sauberkeits-Arbeitsgruppe, dem KURIER. Am Freitag auf der Regierungsklausur soll das Paket präsentiert werden.
Wie streng die Gesetze sind, wird man erst beurteilen können, wenn auch das Kleingedruckte vorliegt. Die bereits bekannten Eckpunkte klingen jedoch nicht übel: Verdeckte Parteienfinanzierung soll verboten werden, alle Zuwendungen an Parteien ab (wahrscheinlich) 5000 € müssen veröffentlicht werden. Gleiches soll für Sachwerte oder Personalleihen gelten. Umgeht eine Partei das Gesetz, soll ihr zur Strafe das Zwei- bis Dreifache der verschleierten Summe von der öffentlichen Parteienfinanzierung abgezogen werden. Diese Strafe ist empfindlich. Die Parteien finanzieren sich zu einem hohen Grad aus öffentlicher Förderung, wobei der Bund mit 7,7 € pro Wählerstimme und Jahr den Parteien weit weniger auszahlt als die Länder.
Beispiel Bundes-ÖVP: Sie bekommt derzeit ca 12 Millionen jährliche Förderung, womit sie jedoch Partei-, Bildungs- und Parlamentsklubarbeit bezahlen muss. Würde die ÖVP zwei Millionen Euro eines Big Spenders verheimlichen und dabei erwischt werden, würden ihr vier bis sechs Millionen, also ein Drittel bis die Hälfte einer Jahresförderung gestrichen. Bedenkt man, dass Parteien ihre Förderungen oft als Sicherstellung für Bankschulden abtreten, dann kommen diese Strafen einer Konkursdrohung gleich. Die SPÖ will Parteigeschäftsführer mit Haftstrafen vor der Verschleierung von Spenden abschrecken – möglicherweise auch aus dem Grund, dass nicht ein unverantwortlicher Mitarbeiter die ganze Partei ruiniert.
Wahlkampfkosten
Noch nicht ganz geklärt ist, was als "Partei" gilt. Fix ist, dass die Bünde der ÖVP als "Partei" gelten und damit der Offenlegungspflicht unterliegen. In der SPÖ soll sich die Fraktion roter Gewerkschafter vehement sträuben. Sie will dem Vernehmen nach nur unter die parteinahen Organisationen fallen, wie z. B. der ARBÖ. Solche Organisationen müssen ihre eigenen Kassen nicht offenlegen, aber wenn sie etwas an eine Partei geben, muss die Partei sie als Absender angeben.
Laut Kanzler Werner Faymann ist auch die Transparenz bei Firmenbeteiligungen von Parteien keine unüberwindliche Hürde. In Wien beispielsweise ist die SPÖ mit 33 % am Werbe-Riesen Gewista beteiligt. Wer immer in Wien wirksam werben will, sponsert zwangsläufig die SPÖ.
Noch unkonkret ist die Absicht von SPÖ und ÖVP, die Ausgaben für Wahlkämpfe zu begrenzen. Man sucht nach einem praktikablen Modell, um die Ausgaben zu kontrollieren. Die großen Parteien geben für einen Nationalratswahlkampf mehr aus als sie in einem Jahr an öffentlicher Förderung einnehmen – kein Wunder, dass SPÖ und ÖVP Millionen Schulden haben. Auch FPÖ und Grüne schwimmen nicht im Geld – das tun nur die Landesparteien. Gedacht ist an eine Wahlkampfausgaben-Obergrenze von etwa sieben Millionen pro Partei.
Die Kombination aus Parteiengesetz, Anfütterungsverbot und Lobbyistengesetz soll den Fall Hochegger künftig verhindern. Hochegger hat im Auftrag von Firmen oft ohne Gegenleistung Geld an Parteien und Politiker verteilt. Das soll künftig verhindert werden, indem
- Parteien (siehe oben) private Spenden offenlegen
- Lobbyisten Gegenleistungen dokumentieren müssen. Wenn nicht, droht ihnen das Streichen aus dem Lobbyistenregister, also ein Berufsverbot, und Geldstrafen.
- Abgeordnete ihre Einkünfte offenlegen; Zuwendungen, bei denen die "wohlwollende Behandlung" oder ein "mögliches Amtsgeschäft" im Raum stehen, werden verboten. Beispiel Karin Hakl und Kurt Gartlehner: Wenn künftig die Telekommunikations-Sprecher von einem Marktteilnehmer wie der Telekom Zuwendungen bekommen, können sie wegen Anfütterung angezeigt werden. Dann klärt ein Gericht, ob ein ein begünstigendes Gesetz im Raum steht. Dafür drohen Geldbußen und bis zu zwei Jahre Haft.
Auch Karl-Heinz Grasser hätte sich, als er sich als Finanzminister von den Industriellen eine Homepage zahlen ließ, vor einem Gericht verantworten müssen. Nach den geltenden Gesetzen ist (fast) alles erlaubt.
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