Frauen, "die Unbestechlichen"

Frauen, "die Unbestechlichen"
Korruption: Säßen Frauen in den Chefsesseln, würde weniger Schmiergeld fließen, sagt Psychologin Ulla Konrad. Der Ausweg aus der Misere?

In Zeiten wie diesen, in denen Korruption Tagesgespräch ist, drängt sich die Frage auf: Wäre die Welt eine gerechtere, gäbe es mehr (oder überhaupt) Frauen in Top-Positionen? Also weibliche Finanzvorstände, Gewerkschaftsbosse, Bundeskanzler und -präsidenten? „Den Versuch wäre es wert, ja, das wäre gut möglich“, meint Ulla Konrad, Präsidentin des österreichischen Psychologenverbandes. Wieso? „Frauen sind selbstkritischer und streben nicht so ausgeprägt nach Wettbewerb wie Männer.“

Keine hohle Phrase. Eine der wenigen Frauen an den Hebeln der Macht, Daimler-Vorstand Christine Hohmann-Dennhardt, hat den rund 260.000 Mitarbeitern des Konzerns vor Kurzem einen Knigge gegen Korruption verordnet. Hintergrund: Erst im vergangenen Jahr zahlte Daimler 180 Millionen Dollar für einen Schmiergeldvergleich. Bis 2013 sitzt deswegen ein Ex-FBI-Chef als Aufpasser im Haus, intern „Monitor“ genannt.

Unterschiede

Überraschend ist das nicht. Die Weltbank fand bereits vor einem Jahrzehnt heraus, dass Frauen weniger anfällig für Korruption sind. Befragungen in den 1980er- und 1990er-Jahren zeigten Unterschiede auf: Die Annahme von Schmiergeld hielten 77 Prozent der Frauen für moralisch verwerflich, bei den Männern waren es nur 72 Prozent.

Befragungen in 350 georgischen Firmen ergaben, dass männlich geführte Unternehmen eher bestechen als solche, die von Frauen geleitet werden. In den südamerikanischen Städten Lima und Mexiko City geht die Korruption unter Verkehrspolizisten zurück, seit mehr Frauen auf Streife sind. In Mexiko wurden 2003 900 männliche Verkehrspolizisten auf einem Schlag durch Frauen ersetzt.

All das führt zur Annahme, dass Frauen den Männern moralisch überlegen sind. „Wenn Frauen mit Bestechungsversuchen konfrontiert sind, reagieren sie nach meiner Erfahrung oft erstaunter als Männer. Sie rechnen einfach nicht damit“, sagt Konrad.

Unternehmensberater Alfred Lackner bezweifelt, dass Korruption vom Geschlecht abhängig ist, sondern von der Kultur eines Landes. In Skandinavien sei die Korruption in der Wirtschaft gering, weil die „Hierarchien flacher sind. Vorgesetzte, mit denen ich mich wie mit normalen Menschen unterhalten kann, muss ich nicht bestechen, denen trage ich mein Anliegen einfach vor.“

Hormone

In der Forschung geht man von geschlechtsspezifischen Unterschieden aus. Die Begründung: Frauen sind weniger risikofreudig, sie wollen andere auch weniger um ihrer Selbst willen dominieren als Männer. „Unter Frauen zählt das bessere Argument und die Sache“, erläutert Konrad. Schuld daran sind Hormone. Je höher der Testosteronwert im Hirn, desto erfolgreicher agieren Börsianer an diesem Tag. Mit dem Hormonspiegel steigen die Gewinne. Das „große Aber“: Zu viel Testosteron führt zu irrationalen Entscheidungen. Auch bei Frauen, die gut zusammenarbeiten, ändert sich das Verhalten, wenn man einer von ihnen Testosteron verabreicht. Diese Frau will dann dominieren.

Alice Schwarzer hat ihre eigene Meinung: „Wir sind weniger korrupt als Männer, aber nicht, weil wir die besseren Menschen sind, sondern weil wir weniger Gelegenheit haben.“ In Pakistan kam Benazir Bhutto 1988 als erste Muslima an die Regierungsmacht. 1993 wurde sie aus dem Amt gejagt. Grund: Sie soll Hunderte Millionen Euro Schmiergeld kassiert haben.

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