Fiedler: "Ein Einfallstor für Korruption"
KURIER: Tun Ihnen die Staatsanwälte schon leid, die fast täglich neuen politischen Korruptionsverdachtsfällen nachgehen müssen?
Franz Fiedler: Die Staatsanwaltschaft muss sich mit jedem Fall auseinandersetzen, gleichgültig wie prominent der Verdächtige ist. Ich war selbst Staatsanwalt, und man kann sich seine Klientel nicht aussuchen.
Den Kanzler zu kriegen, wünscht man sich wahrscheinlich eher nicht.
In diesem Fall ist wegen der politischen Konsequenzen besondere Sorgfalt an den Tag zu legen - aber keine Scheu, was die Erhebungstätigkeit betrifft.
Dem KURIER liegt ein schriftlicher Antrag an den ÖBB-Vorstand vor, wonach der damalige Infrastrukturministers Werner Faymann persönlich Kooperationen der ÖBB mit Boulevardzeitungen vereinbart habe.
Wenn das so stimmt, was ja bestritten wird, dann wäre das ein Eingriff in die Autarkie des Vorstandes. Faymann als damaliger Eigentümervertreter hätte niemals dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat derartige Weisungen erteilen dürfen. Auf der anderen Seite hätte auch der Vorstand eine solche Weisung, so es sie gab, ignorieren müssen. Wenn es tatsächlich so war, dann könnte es sich um Untreue der Vorstandsmitglieder handeln - sowie der Regierungsmitglieder, die als Beitragstäter infrage kämen.
Es soll unverhohlener Druck auf den Vorstand ausgeübt worden sein.
In diesem Fall müsste untersucht werden, ob Missbrauch der Amtsgewalt im Spiel ist. Das könnte bis zu Nötigung und Erpressung gehen. Aber für eine rechtliche Beurteilung sind die Erhebungen viel zu wenig weit fortgeschritten.
Verstärkt so ein Verdacht nicht den generellen Eindruck einer medialen Bananenrepublik?
So krass würde ich es nicht sagen. Aber ich bin mit Transparency International einer Meinung, dass wir gerade, was die Inseratenvergabe auf Kosten öffentlicher Gelder betrifft, dringend eine Neuregelung brauchen. Danach muss sichtbar werden, welcher Politiker Inserate in welchen Medien schaltet. Dazu gibt es bereits eine Gesetzesinitiative. Aber das ist viel zu wenig. Darüber hinaus sollte eine klare Regelung kommen, wonach Inserate der Information der Bevölkerung dienen und nicht der Propaganda für Minister oder Parteien. Dasselbe Gesetz müsste auch für staatsnahe Betriebe gelten. Aber ich sehe keine Bereitschaft der Politik, dies so zu regeln, wie es eines Rechtsstaates würdig ist.
Überschreiten nicht auch manche Medien die Grenze zur Manipulation, indem - freundliche - redaktionelle Berichterstattung gegen Inserenten-Geld garantiert wird?
Die Vermengung von Redaktion und Inseraten ist in Staaten mit einigermaßen westlichem Standard unzulässig. Das sollten auch Zeitungen nicht dulden. Es ist schlimm, wenn
ein unbefangener Leser nicht mehr erkennen kann, von wem nun tatsächlich der Inhalt ausgeht.
Bei manchen Anzeigengeschäften lässt sich auch versteckte Parteienfinanzierung nicht ausschließen: Es fließt viel öffentliches Geld in parteinahe Medien.
Das ist ein Problem des unzulänglichen Parteiengesetzes, das diesbezüglich keine Schranken vorsieht. Transparency International verlangt schon lange ein zeitgemäßes Gesetz, das eine Offenlegung sämtlicher Geldflüsse zu und von den Parteien garantiert. Solche Inserate können ein Einfallstor für Korruption sein. Diese Schlupflöcher müssen abgedichtet werden. Das ganze Problem betrifft im Übrigen nicht nur die Bundes- sondern auch Landesregierungen.
Sollte auch offengelegt werden, wem welche Medien gehören?
Das ist wünschenswert.
Werden eigentlich alle Parteien-Skandale gleich stark verfolgt?
Es hat zuletzt eine Häufung von Skandalen aus der schwarz-blauen Ära gegeben. Alles andere ist in den Hintergrund gerückt. Aber auch vor und nach Schwarz-Blau hat es Korruption gegeben.
Verfügten Blaue vielleicht über weniger subtile Instrumente als andere Parteien?
Vielleicht sind die anderen nicht so plump vorgegangen.
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