Exzesse bei Mostkost der Landjugend

Exzesse bei Mostkost der Landjugend
Polizisten mussten in Niederthalheim ein Fest wegen Gefahr im Verzug vorzeitig beenden. Drei Jugendliche kamen ins Spital.

Es war ein schockierendes Bild, das sich am Sonntagnachmittag den Einsatzkräften bei der traditionellen Mostkost der Landjugend in der Stockhalle der Gemeinde Niederthalheim (OÖ) dargeboten hat. „Junge Leute sind herumgetorkelt und haben sich übergeben, manche sind sturzbetrunken zusammengebrochen, andere haben schamlos in aller Öffentlichkeit uriniert“, erzählt Helmut Stogmeyer, Kommandant der Polizei Schwanenstadt. Rettungskräfte hatten die Exekutive alarmiert, als die Lage zu eskalieren drohte. „Es war Gefahr im Verzug, wir mussten die Veranstaltung daher vorzeitig beenden."

Das Rote Kreuz war mit zwei Rettungswagen, einem Arzt und einem Notarzt im Einsatz. Drei schwer betrunkene Jugendliche – ein 15-Jähriger, zwei 17-Jährige – mussten ins Spital gebracht werden. Sie hatten zwischen einem und zwei Promille Alkohol im Blut und wurden wegen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz angezeigt. „Derartige Alkoholexzesse sind kein Kavaliersdelikt, sondern können lebensbedrohlich sein“, betont Bezirksrettungskommandant Gerald Schuster. „Es war ein Glück, dass es nicht kalt war, sonst hätte es Fälle von Unterkühlung gegeben.“ Problematisch war auch, dass die Zufahrtswege für die Einsatzwagen immer wieder von Bussen blockiert wurden. „Ein Tumult hätte fatale Folgen gehabt.“

Überfordert

Die jungen Veranstalter hatten 1000 Besucher erwartet, gekommen sind 2500. „Die Organisatoren waren völlig überfordert, die Leute wurden in Bussen angekarrt und haben gesoffen bis zum Abwinken“, betont Stogmeyer. Bürgermeister Johann Öhlinger, der die Veranstaltung bewilligt hatte, ist entsetzt über das Ausmaß der Exzesse. „Seit 20 Jahren wird die Mostkost durchgeführt, so etwas hat es noch nie gegeben.“ Er plant einen Krisengipfel mit Exekutive und Bezirkshauptmannschaft, damit sich derartiges nicht wiederholt. „Vielleicht wäre es gut, die Veranstaltung in den nächsten zwei Jahren auszusetzen und dann deutlich kleiner neu zu starten.“

Derzeit gelten in den neun österreichischen Bundesländern neun unterschiedliche Jugendschutzgesetze. Jugendminister Reinhold Mitterlehner bemühte sich zwar um eine bundesweite Harmonisierung, scheiterte aber wie seine Vorgänger am Widerstand einzelner Länder (Kärnten, Vorarlberg), die auf eigenen Regeln beharrten. Damit sei ein einheitlicher Jugendschutz „vom Tisch“, heißt es aus dem Ministerium. Alkoholexzesse zu verhindern ist in Wien die Aufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Dort zeige die Erfahrung: Viele Verstöße, aber kaum Anzeigen. So gab es im Jahr 2009 nur vier Strafen wegen Alkohol-Delikten.

Kärnten: Seit 1. April Privatsheriffs für Jugendschutz

Mit 1. April begann in zwei Kärntner Stadtgemeinden ein umstrittener Probelauf: Private Kontrollorgane unterstützen derzeit in Wolfsberg und in St. Veit an der Glan die Exekutive bei der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes. Das Gesetz wurde von FPK und ÖVP beschlossen, SPÖ und Grüne im Land waren da­gegen. Von „Privatarmee“ und „Jugendstrafgesetz“ war die Rede. Der Konter von Soziallandesrat Chris­tian Ragger: „Auch die Jugend muss lernen, für das, was sie anrichtet, geradezustehen.“

Die mit Dienstausweisen versehenen Wachleute von derzeit vier privaten Sicherheitsdiensten dürfen Sachverhalte zu Ausgehzeiten sowie Nikotin- und Alkoholkonsum der unter 18-Jährigen aufnehmen und an die zuständigen Behörden weiterleiten. Auch Test­einkäufe in Geschäften werden durchgeführt und die Ausschank in Lokalen und Bars kontrolliert.

Bei Vergehen gibt es für die Jugendlichen zuerst ein Gespräch mit einem Psychologen und dann bis zu 100 Stunden Sozialdienst, bei Verweigerung bis zu 1000 Euro Strafe. Schlimmstenfalls droht Führerscheinentzug wegen Unzuverlässigkeit. Wirte erwartet bei Verstößen bis zu 20.000 Euro Strafe.

Pro Bezirk werden zwei Kontrolleure von den Bezirksbehörden eingesetzt, in Villach und Klagenfurt je drei. Nach sechs Monaten wird evaluiert. Für dieses laut Ragger „strengste Jugendschutzgesetz Österreichs“ werden jährlich 350.000 Euro aufgewendet. Schule macht der Vorstoß noch nicht. In der Steiermark etwa ist das „überhaupt kein Thema“.

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