Ein Machtkampf an zwei Orten: Das EU-Parlament einfach erklärt

Alles, was Sie über die EU-Wahl wissen müssen und wollen im kompakten Erklär-Video.

Zwischen 23. und 26. Mai wählen sich die Bürger der Europäischen Union ein neues Parlament. Das Ergebnis betrifft etwa eine halbe Milliarde Einwohner. Diese EU-Wahl ist damit eine der größten demokratischen Wahlen der Welt. Nur in Indien sind mehr Menschen an freien Wahlen beteiligt.

Die EU ist kein echter Staat wie die USA aber auch keine bloße internationale Organisation wie die UNO. Sie ist eine sogenannte supranationale Organisation. Das bedeutet, sie hat eine eigene, übergeordnete Gesetzgebung und eine demokratische Ordnung. Die direkt gewählte Volksvertretung darin ist das Europäische Parlament.

Das Reiseparlament

Das EU-Parlament sollte einst in Luxemburg angesiedelt werden. Aber das kleine Land hatte nicht genug Kapazitäten und so wurden Aufgaben an die Sitze in Straßburg und Brüssel verlagert. Das komplette Parlament nach Brüssel zu verlegen, wo auch der EU-Rat und die EU-Kommission sind, könnte 100 bis 200 Mio. Euro pro Jahr an Kosten einsparen. Das Parlament selbst kann das aber nicht beschließen. Dazu braucht es die Zustimmung aller nationalen Regierungen und aller nationalen Parlamente. Und die konnten sich darauf bisher nie einigen.

Die Aufgaben

Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Europäischen Parlament und nationalen Parlamenten besteht in seinen Rechten. Diese werden zwar seit Jahrzehnten langsam ausgebaut, sind aber trotzdem noch stark limitiert. Das Parlament muss etwa das EU-Budget beschließen, kann aber zum Beispiel im Steuerwesen oder beim Wettbewerbsrecht nicht mitreden.

Das EU-Parlament kann auch keine Gesetzesvorschläge einbringen. Das darf nur die EU-Kommission. Das Parlament wird dann gleichberechtigt mit dem nationalen Regierungen in die Ausgestaltung eingebunden und muss zustimmen. Das nennt man “Mitentscheidungsverfahren”.

Das Parlament versucht, sich auch bei der Bestellung der Kommission mehr Mitsprache zu erarbeiten. Diese wird ja nicht direkt gewählt. Die Regierungen im EU-Rat schlagen einen Kandidaten als Präsident vor, das Parlament muss ihm zustimmen. Bei der letzten Wahl 2014 einigten sich aber die meisten Parteien darauf, den Spitzenkandidaten der siegreichen Fraktion als Präsidenten zu fordern. Das Parlament setzte sich gegen die Nationalstaaten durch und der Kandidat der Volkspartei Jean-Claude Juncker bekam das Amt. Ob das auch 2019 wieder gelingt, wird sich zeigen.

Der Wahlprozess

Das EU-Parlament ist die einzige direkt gewählte EU-Institution. Wie so etwas demokratisch funktionierten kann und wer wie viele Sitze bekommt, ist aufgrund der vielen Interessen gar nicht einfach zu lösen.

Größere Länder haben natürlich mehr Sitze. Aber würde man die Sitze rein nach Bevölkerungsgröße aufteilen, hätten kleine Länder Angst, irrelevant zu werden. In der Realität sind Stimmen in kleinen Ländern deshalb sogar mehr wert. Und auch Mandatare aus kleinen Ländern können sehr großen Einfluss auf die parlamentarische Arbeit haben.

Von den 705 Mandataren werden nach dieser Wahl 19 aus Österreich kommen. Österreich hat damit mehr Sitze, als es der Bevölkerungsgröße entspricht. Auf den Rest des Parlaments hat man als österreichischer Wähler aber keinen direkten Einfluss.

Der größte Anteil der Mandate wird in Deutschland vergeben: 96 Mandatare kommen von dort. Das sind zwar 14 Prozent der Mandate, aber Deutschland hat etwa 19 Prozent der Bevölkerung einer EU der 27 Mitglieder.

Wie die Parteien im Parlament zusammenarbeiten

Echte europäische Listen, die mit einem gemeinsamen Programm antreten gibt es offiziell nicht, obwohl manche Parteien das von sich aus tun. Deshalb werden Wahlkämpfe oft eher zu nationalen Themen als zu europäischen gefochten. Auch wenn das wohl nicht ganz im Sinne der Erfinder ist.

Die EU-Fraktionen bilden sich stattdessen aus nationalen Listen, die sich dann zusammentun, um dadurch zusammen mehr Einfluss und Rechte zu haben. Das Freie Mandat ist im EU-Parlament wichtiger als in Österreich, einen Klubzwang gibt es nicht.

Es gibt dadurch nicht nur immer wieder Spannungen innerhalb der Fraktion, sondern auch auch Fraktionen, die programmatisch nicht so wirklich zusammen arbeiten. Vor allem die Abgeordneten der rechtspopulistischen Fraktionen stimmen im Parlament ziemlich oft gegeneinander - auch die Fraktion der FPÖ. Die Europäischen Grünen stimmen hingegen  am Öftesten gemeinsam.

Von 1979 bis 1999 waren die Sozialdemokraten die stärkste Fraktion im EU-Parlament. Seither hat aber die Europäische Volkspartei die meisten Sitze. Das dürfte auch diesmal wieder so sein. Bisher hatten diese beiden Fraktionen aber gemeinsam stets eine Mehrheit. Laut aktuellen Umfragen wird das in der nächsten Periode nicht mehr so sein.

Briten-Frage

Es ist noch immer nicht klar, ob Großbritannien als 28. Staat an der EU-Wahl teilnimmt oder aus der EU rechtzeitig austritt. Mit Großbritannien würden die Sitze im EU-Parlament anders aufgeteilt. Es würde dann 46 Sitze mehr geben, aber 73 an die Briten gehen. Viele davon an rechtspopulistische Politiker gehen, die eigentlich nichts mehr mit der EU zu tun haben wollen.

Tritt das UK hingegen wie geplant aus, wird das Parlament zwar insgesamt kleiner, Österreich bekommt dann aber sogar einen Sitz mehr als bisher. Wer darauf sitzen darf, das bestimmen wir alle am 26. Mai.

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