Ein Meer von Menschen

Ein Meer von Menschen
Weltbevölkerung: Schon bald gibt es sieben Milliarden Menschen. Für Experten wie Rainer Münz würde die Erde auch mehr verkraften.

Die gute Nachricht ist, dass nur ein kleiner Teil der Welt Probleme mit hohen Geburtenraten hat. In Kenia bekommen Frauen heute fünf Kinder, 1960 waren es noch acht. Zum Vergleich: Die Geburtenrate weltweit liegt bei 2,5. Die schlechte Nachricht lautet: In den kommenden 20 Jahren wird die Weltbevölkerung weiter steigen - selbst wenn jede Frau nur zwei Kinder haben wird. Was tun? Das hat der KURIER Bevölkerungsforscher Rainer Münz gefragt.

Die UNO rechnet am 31. Oktober mit Erdenbürger Nummer 7.000.000.000. Wie genau sind derartige Prognosen?
Niemand kennt die Zahl, weil es in vielen Erdteilen keine Volkszählung und keine Geburten- und Sterbedaten gibt. Der Termin hat Symbolcharakter. Für den Alltag ist es aber irrelevant, ob es 6,9 oder 7,1 Milliarden sind.

Experten gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung im Jahr 2050 die Zehn-Milliarden-Grenze überschritten haben wird - zu hoch oder zu tief?
Ich glaube eher an neun als an zehn Milliarden. Warum? Das 20. Jahrhundert war das Zeitalter der Vervierfachung der Weltbevölkerung - von 1,5 auf sechs Milliarden. Seit 1990 nimmt der Zuwachs aber jedes Jahr ab. Das 21. Jahrhundert hat eine andere Story. Sie lautet: sinkende Kinderzahlen, steigende Lebenserwartung. Wir bremsen bereits.

Wie wird die Welt der neun Milliarden aussehen?
Ähnlich wie heute. Das Gesetz von Robert Malthus (englischer Priester und Wirtschaftswissenschaftler, Anm.) aus dem Jahr 1798, wonach die Bevölkerung zwangsläufig schneller als die Lebensmittelproduktion wächst, bis die Zahl der Menschen durch Kriege, Krankheiten und Hungersnöte dezimiert wird, hat sich bis heute nicht bewahrheitet. Durch die industrielle und die "Grüne" Revolution ist es gelungen, die Lebensmittelversorgung zu verbessern. Im Vergleich zu Malthus-Zeiten vor 200 Jahren gibt es heute relativ weniger Hunger auf der Welt.

Für Österreich wird ein Bevölkerungswachstum prognostiziert. Wie wirkt sich das auf die heimische Lebensqualität aus?

Auch wenn die Weltbevölkerung nicht mehr exponentiell wächst, werden wir immer noch zwei Milliarden Menschen mehr zu ernähren haben als heute. Wir müssen unseren Lebensstil ändern - und wenn der Preis für Fleisch und Öl steigt, dann werden wir das auch tun. Um ein Stück Tofu zu erzeugen, braucht es einen zehn Mal geringeren Energiebedarf als für ein Schnitzel.

Schon heute lebt jeder siebente Mensch in einem Elendsviertel? Was ist zu tun?

Die Menschen leben in den Slums, weil die Versorgung und die Perspektiven dort besser sind als am Land. In Städten wie Delhi geht es um Wasserversorgung, Kanalisation und adäquate Unterkünfte. Indien, das auf dem Sprung ist, reich zu werden, kann das schaffen. Wenn man sich Zeitungen aus dem Jahr 1870 anschaut, dann sieht man, dass Wien damals auch Slums hatte. Es ist möglich, da herauszukommen.

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