Die EU droht Rumänien

Die EU droht Rumänien
Der innenpolitische Machtkampf zwischen Premier Ponta und dem Staatschef könnte den Beitritt zur Schengen-Zone deutlich verzögern.

Victor Ponta hat bei seinem Besuch in Brüssel Erklärungsbedarf. Der innenpolitische Machtkampf in Rumänien hat längst die europäische Ebene erreicht. Heute, Donnerstag, wird sich Ponta gegenüber Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklären. Am Mittwoch standen Gespräche mit Parlamentspräsident Martin Schulz und Hannes Swoboda, dem Chef der Sozialdemokratischen Fraktion, auf dem Programm.

Die Regierung unter dem Sozialdemokraten Ponta hat in den vergangenen Wochen Personalbesetzungen und Gesetzesänderungen vorgenommen, die die Absetzung von Staatschef Traian Basescu erleichtern sollen. Basescu wurde durch das Parlament suspendiert, am 29. Juli soll eine Volksabstimmung zu seiner Ab- oder Wiedereinsetzung stattfinden.

Putsch

Die EU-Kommission zeigt sich "besorgt" ob der Entwicklungen in Rumänien. Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), warf Ponta einen "Staatsstreich" vor. Sozialdemokraten-Chef Swoboda hält das für überzogen: "Dinge, die als Putsch bezeichnet wurden, hat das rumänische Verfassungsgericht als legal dargestellt", sagte er zum KURIER.

Vergleiche mit Ungarns Premier Viktor Orbán hält Swoboda für verfrüht: "In Ungarn wurden klare Verstöße gegen EU-Recht festgestellt. Das ist in Rumänien bisher nicht der Fall." Nach dem Treffen mit Ponta verlangte Swoboda erneut, die Entwicklung in Rumänien, dem zweitärmsten Land der EU, durch die EU-Kommission überprüfen zu lassen.

Der Präsident des EU-Parlaments hat Ponta deutlich kritisiert, zugleich jedoch gegen den Vorwurf des Rechtsbruchs in Schutz genommen. "Wichtige Gesetze sollten nicht durch Notverordnungen, sondern demokratisch geändert werden."
In Brüssel verteidigt sich der rumänische Premier, im Rahmen des EU-Rechts zu handeln. Sollte er unabsichtlich EU-Recht verletzt haben, wolle er dies korrigieren.

Zuvor drohte Justizkommissarin Viviane Reding: "Wenn konkrete Aktionen zur Wiederherstellung des Rechtsstaates ausbleiben, könnte das Land Jahre an EU-Integration einbüßen." Der Schengen-Beitritt könnte in weite Ferne rücken.

Am Mittwoch gab es neues Ungemach für Ponta: Zwei Staatsanwälte wurden wegen Verdachts auf Korruption suspendiert und festgenommen. Sie sollen mit Ponta persönlich über Beförderungen verhandelt haben.

Indessen mehren sich die Appelle, Ponta möge wegen seiner Plagiatsaffäre zurücktreten. Ihm wird vorgeworfen, Teile der Dissertation abgeschrieben zu haben. Jetzt wird er beschuldigt, den Lebenslauf gefälscht zu haben. Er habe ein Masterstudium in angegeben, das er offensichtlich nicht gemacht habe.

Rumänien: Wie die Macht verteilt ist

Der Präsident

Er wird in Rumänien direkt vom Volk gewählt. Er ist Oberbefehlshaber des Heeres und des Geheimdienstes und hat mehr Befugnisse als Österreichs Bundespräsident. Staatschef Basescu vertrat seit 2004 Rumänien bei den EU-Gipfeltreffen (für Österreich nimmt Kanzler Faymann teil). Beim Gipfel Ende Juni fuhr Premier Ponta – trotz eines Urteils des Verfassungsgerichts, das Basescu das Vertretungsrecht zusprach.

Der Ministerpräsident

Er ist Regierungschef und wird – wie in Österreich – vom Präsidenten bestellt. Ponta ist seit 7. Mai im Amt, nachdem die Mitte-RechtsRegierung per Misstrauens-votum gestürzt wurde.

Das Parlament

Es besteht aus der Abgeordnetenkammer und dem Senat und wird alle vier Jahre neu gewählt. Die nächsten planmäßigen Wahlen in Rumänien finden im November statt.

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