Dänemark: Bereit für eine Frau Premier
Ihre Aufritte sind stets perfekt: Die Absätze ihrer Schuhe hoch, die Kostüme elegant, das Make-up makellos, die Handtasche teuer. Ihre glamouröse Erscheinung trug Helle Thorning-Schmidt ausgerechnet von eigenen Parteikollegen den Vorwurf der "Gucci-Sozialistin" ein. Doch mit ihrem Wahlprogramm präsentiert sich die Chefin der dänischen Sozialdemokraten als wahrhaft Linke: Steuern erhöhen, ganz besonders für die Reichen und mit einem staatlichen Investitionsprogramm die lahme Wirtschaft ankurbeln, lautet das Motto der 44-jährigen Oppositionschefin, mit dem sie am Donnerstag die vorgezogenen Parlamentswahlen gewinnen könnte. "Alle können beitragen, alle sollen beitragen", appelliert sie an die Dänen, die mit einem Spitzensteuersatz von mehr als 50 Prozent ohnehin bereits die höchste Steuerbelastung Europas aufweisen.
Was anderswo die Wähler scharenweise verschrecken würde, gilt nicht in Dänemark. Nach zehn Jahren liberal-konservativer Regierung stehen die Zeichen auf Wende. Premier Lars Lökke Rasmussen bekam die Wirtschaftskrise nicht in den Griff: In nur drei Jahren verdreifachte sich die Jugendarbeitslosigkeit in für Dänemark schwindelerregende Höhen von 13 Prozent, die Konjunktur schwächelt bei 1,3 Prozent Wachstum, die Immobilienpreise verfallen. Die Zeche für die Misere dürfte am heutigen Wahltag der rechts-liberale Regierungsblock zahlen: In Umfragen lag er bis zu zehn Prozentpunkte hinter dem von den Sozialdemokraten angeführten linken Parteienblock.
Kampfabstimmung
Damit wäre für Helle Thorning-Schmidt der Weg als erste Frau an die dänische Regierungsspitze frei. Dass die Mutter zweier Töchter Standvermögen besitzt,
bewies sie schon bei ihrer Kür zur Parteichefin: Gerade einmal fünf Arbeitstage hatte sie 2005 im Parlament als Abgeordnete hinter sich, als sie sich gegen den Widerstand der altgedienten Parteifunktionäre in einer Kampfabstimmung an die Spitze katapultierte. Ohne sich an der Basis die Sporen verdient zu haben, die Töchter an teuren Eliteschulen untergebracht, muss sich Thorning-Schmidt immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sie sei eine "Diva". Zum Image der "Upperclass"-Sozialistin fügte sich aus der Perspektive ihrer Gegner auch noch die Tatsache, dass die aparte Politikwissenschaftlerin in den "Hochadel" der britischen Linken einheiratete. Thorning-Schmidt ist seit 17 Jahren mit Stephen Kinnock verheiratet, dem Sohn des früheren britischen Labour-Chefs Neil Kinnock.
Wirtschaftlich könnte die Sozialdemokratin Dänemark nach Jahren des Sparens wieder auf einen anderen Kurs bringen, in der rigorosen Ausländerpolitik will aber auch sie auf Linie bleiben. Angetrieben von den Forderungen der Rechtspopulistin Pia Kjaersgaard hatte Dänemark in den vergangenen zehn Jahren die strengsten Immigrationsgesetze Europas erlassen. Doch spätestens als die rechte Dänische Volkspartei heuer im Sommer die Wiedereinführung von Kontrollen an der Grenze zu Dänemark durchsetzte, schien bei den meisten Dänen der Bogen überspannt. Und nicht zuletzt das Attentat in Norwegen, das auch ganz Dänemark schockierte, sorgte dafür, dass das Thema Ausländer und muslimische Immigranten wie so viele Mal zuvor bei diesem Wahlkampf kein Thema mehr war.
Zwei politische Blöcke: Das rechte und das linke Lager
Rechter Block
Die derzeitige konservative Minderheitsregierung wird vom Premier Lars Lökke Rasmussen und seinen Rechtsliberalen ("Venstre") angeführt. Der Koalition gehören noch die Konservativen an. Im Hintergrund regierte die fremdenfeindliche Dänische Volkspartei von Pia Kjaersgaard mit - und prägte die zuletzt harte Ausländerpolitik Dänemarks.
Linker Block
Zu den Sozialdemokraten von Helle Thorning-Schmidt kommen die Sozialistische Linkspartei, die sozialliberale "Radikale Venstre" und die Links-Grünen.
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