Christian Wulff – ein Bundespräsident auf Abruf

Christian Wulff – ein Bundespräsident auf Abruf
Billiger Privatkredit, Gratis-Urlaube bei Freunden.

Der Bundespräsident macht eine hervorragende Arbeit. Und was im Raum steht, wird von ihm persönlich aufgeklärt“, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Montag bei einem Besuch von Bundeswehrsoldaten im Kosovo. „Ansonsten hat der Bundespräsident mein vollstes Vertrauen.“

Es war das erste Mal, dass sie selbst und nicht nur ein Regierungssprecher dazu etwas sagte. Das „ansonsten“ war aber neu. Tatsächlich ist die Stimmung im Kanzleramt schlecht: Hört man die engste Umgebung Merkels, dann hat sie Wulff schon abgeschrieben. Laut KURIER-Recherche geht es schon nur mehr um die Nachfolge.

Dass Wulff nach dem unmotivierten Rücktritt seines Vorgängers Horst Köhler schon die zweite von Merkel einst durchgekämpfte Fehlbesetzung im höchsten Job des Staates ist, verschärft das Elend im Kanzleramt noch.

Denn der marktunüblich billige 500.000-Euro-Kredit und das scheibchenweise Nachschieben anderer kostenloser Vorteile durch vermögende Freunde bringt den damaligen CDU-Ministerpräsidenten Niedersachsens immer mehr in Not. Am Sonntag hatten seine Anwälte eine Liste mit sechs Gratisurlauben in seiner Amtszeit vorgelegt. Bei mindestens einem der Gönner hatte er sich offenbar für öffentliche Förderung eingesetzt. Die SPD sieht einen politischen Bezug zu den Vorteilen gegeben, das stellen die Anwälte in Abrede – so wie Wulff dies in seiner schriftlichen

Erklärung zum Darlehen von der Familie des Geschäftsfreundes ebenso verneint – obwohl der damals dreimal von ihm auf Dienstreisen mitgenommen worden war. Allein dass diese halbe Million an ihn floss, werten Juristen schon als Verstoß gegen niedersächsisches Recht.

Neue Vorwürfe

Und Bild meldet, dass Wulffs Wahlkampf 2007 vom umstrittenen Hannoveraner Millionär Carsten Maschmeyer mit gesponsert wurde, gegen den wegen schweren gewerbsmäßigem Betrug im Zusammenhang mit seiner früheren Versicherungsvermittlungsfirma und Versicherungs-Keilern ermittelt wird. Wulffs Anwalt erklärte dazu, dass der von den 42.700 Euro Sponsoring nichts gewusst habe. Wulff hat aber noch 2010 und damit schon als Bundespräsident in Maschmeyers Mallorca-Villa gratis geurlaubt und erst nach dem Bekanntwerden dafür bezahlt.

Für das Image des Staatsoberhaupts ist jede dieser neuen Enthüllungen eine Katastrophe, auch wenn sich daraus nicht unmittelbar juristisches Fehlverhalten ableiten lässt. Und die Wahrscheinlichkeit für weitere zumindest unangenehme News für ist sehr hoch: Zumindest Bild, Spiegel, Stern und die Süddeutsche Zeitung recherchieren intensiv.

„Ich leide physisch darunter, dass wir keinen unbefangenen Präsidenten haben“, hatte Wulff 2000 zur Flug-Affäre seines Vorvorgängers, des SPD-Mannes Johannes Rau, gesagt, der die dann gerade noch überstand. Rau scheint nun sein Vorbild zu werden – und nicht nur wegen der gleichen Anwälte. Am Sonntag quittierte Wulff den „Rücktritt!“-Zuruf eines Bürgers schnoddrig: „Machen wir aber nicht.“ Noch nicht.

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