Bis zu 25 Mrd. Euro für AKW-Sanierung

Bis zu 25 Mrd. Euro für AKW-Sanierung
Die EU-Kommission hält nach den jüngsten AKW-Stresstests Milliarden-Investitionen in die Sicherheit für nötig.

Die EU-Kommission sieht einen gesamten Sicherheits-Nachrüstungsbedarf für alle Atomkraftwerke in Europa in der Größenordnung von 10 Milliarden bis 25 Milliarden Euro.

Diese Zahl nannte EU-Energiekommissar Günther Oettinger, der die Ergebnisse der europäischen AKW-Stresstests im Gefolge der Reaktorkatastrophe von Fukushima am Donnerstag in Brüssel vorstellte. Die Stresstests hätten gezeigt, dass die internationalen Standards der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) nicht in allen Kernkraftwerken eingehalten werden, sagte Oettinger. "Wir mahnen rasche Handlung an."

"Es besteht kein Anlass zur Selbstzufriedenheit", sagte Oettinger. Nach den Unfällen in Three Mile Island (USA) 1979 und Tschernobyl (Ukraine) 1986 seien zwar Nachrüstungen angekündigt worden, aber nicht erfolgt. "Wir mahnen ein, was dem Stand der Technik gemäß heute gemacht werden kann", sagte der Kommissar.

Im Februar will Oettinger neue Vorschläge für nukleare Sicherheitsstandards vorlegen, wie er sagte. Diese sollten die höchst mögliche Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden sicherstellen und die technischen Standards auf ein Höchstmaß weiterentwickeln. Der nächste EU-Gipfel Mitte Oktober soll sich mit dem Abschlussbericht der EU-Kommission zu den Stresstests befassen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass unser Bericht nicht ins Archiv gelegt wird", sagte Oettinger.

Investitionsbedarf

Der geschätzte Investitionsbedarf von 10 bis 25 Mrd. Euro ergibt sich aus Hochrechnungen auf Grundlage der in Frankreich durchgeführten, sogenannten Stresstests. Bis Jahresende müssen die nationalen Aufsichtsbehörden der Länder mit AKW Aktionspläne vorlegen, 2014 will die EU-Kommission den Fortschritt bewerten.

Die EU-Kommission gibt keine Empfehlung zur Schließung von Reaktoren, urgiert aber praktisch für alle AKW-Anlagen in Europa Verbesserungen. So gebe es zu wenig Einheitlichkeit in der Notfallplänen bei Naturkatastrophen, einschließlich Erdbeben, Überflutung und extremer Wetterbedingungen. Die Westeuropäischen Atomaufsichtsbehörden (WENRA) sollen daher Leitlinien vorlegen.

Regelmäßige Kontrollen

Die Europäische Nuklearsicherheits-Regulatorengruppe (ENSREG) wird aufgefordert, regelmäßige Sicherheitskontrollen durchzuführen, mindestens alle zehn Jahre. Der Reaktorunfall im japanischen Fukushima habe weiters gezeigt, dass die nationalen Regulatoren dringend Maßnahmen umsetzen müssen, um im Fall von Unfällen Überdruck und Wasserstoffexplosionen zu verhindern. Außerdem müsse die Prävention gegen Unfälle wegen Naturkatastrophen verbessert werden, empfiehlt die Kommission. Dies umfasse Bunker für Ausrüstung, Kommunikationseinrichtungen und die Bereitschaft von Rettungsteams am Unfallort.

Im Zuge der AKW-Stresstests im Gefolge der Fukushima-Reaktorkatastrophe wurden 145 Reaktoren in insgesamt 64 Atomkraftwerken in ganz Europa überprüft, darunter auch die im Zuge des Atomausstiegs in Deutschland bereits vom Netz genommenen. Neben den EU-Staaten, die Atomkraft nutzen, beteiligten sich auch die Schweiz und die Ukraine an den Stresstests. Die europäischen Experten statteten 54 Reaktoren einen Besuch an Ort und Stelle ab. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass alle Reaktortypen von den Überprüfungen an Ort und Stelle abgedeckt sein sollten.

Auflagen

Die EU-Experten statteten unter anderem allen tschechischen, ungarischen und dem slowenischen AKW Krsko sowie der Anlage Mochovce in der Slowakei einen Besuch ab. Für die tschechischen Atomkraftwerke Dukovany und Temelin empfiehlt die EU-Kommission etwa, dass Notfallausrüstung entsprechend gelagert werden muss, dass Leitlinien für schwere Unfälle vorliegen müssen, Wasserstoff-Explosionen in solchen Fällen verhindert werden müssen und Filter installiert werden, die ein Austreten von Radioaktivität beim Ablassen von Druck verhindern.

Derartige Filteranlagen werden auch etwa für das ungarische AKW Paks empfohlen. Für die beiden slowakischen Atomkraftwerke Bohunice und Mochovce werden vollständige Unfallpläne, Maßnahmen gegen Wasserstoff-Explosionen und Filter eingemahnt. Auch für Krsko empfiehlt die EU-Kommission den Einbau entsprechender Filter und Schutz gegen Wasserstoff-Explosionen. Detaillierte Leitlinien für den Umgang mit schweren Unfällen werden auch für alle deutschen Atomkraftwerke eingemahnt.

Die EU-Kommission kann die Staaten rechtlich nicht zu Nachrüstungen zwingen, will aber politisch Druck auf sie ausüben. So sollen die bis Jahresende vorliegenden nationalen Aktionspläne auch von europäischen Experten bewertet werden. Es stelle sich auch eine Kompetenzfrage, sagte Oettinger. Es sei sich nicht sicher, ob alle EU-Staaten, die Atomkraft stark nutzen, mit den EU-Empfehlungen glücklich seien. Daher wolle die EU-Kommission "am Ball bleiben", um die Umsetzung zu verfolgen.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare