Berlin: Anklage gegen Austro-Taliban

Berlin: Anklage gegen Austro-Taliban
Ein Terrorverdächtiger mit österreichischem Pass wird angeklagt. Der Mann war Kopf der Wiener Al-Kaida-Zelle.

Die im Frühjahr in Wien ausgehobene islamistische Terrorzelle war hochgradig aktiv und gefährlich. Das bestätigten jetzt die deutschen Behörden. Denn die Bundesanwaltschaft erhob am Freitag vor dem Kammergericht Berlin Anklage gegen zwei Terrorverdächtige. Einer davon, Maqsood L. (22) ist österreichischer Staatsbürger und wurde am 16. Mai in Berlin festgenommen. Der zweite Terrorverdächtige, der Deutsche Yusuf O. (26), ging am 31. Mai den Verfassungsschützern in Wien ins Netz. Er wurde nach Deutschland ausgeliefert.

Beide Männer gelten als Stammpersonal der "Deutschen Taliban Mujaheddin" (DTM). Dem Duo werden die Rekrutierung von Terrorsympathisanten und Geldüberweisungen auf Al-Kaida-Konten vorgeworfen. Maqsood L., österreichischer Staatsbürger afghanischer Abstammung, soll weiters an einem Anschlag in Berlin beteiligt gewesen sein.

Terror-Camps

Der KURIER konnte die Staatsanwaltschaft weder am Freitag noch am Samstag erreichen. Die Frage, warum die Justiz keinen Auslieferungsantrag an Deutschland gestellt hat, konnte somit nicht geklärt werden. Schließlich ist Maqsood L. österreichischer Staatsbürger und wurde auch auf Grund eines von Österreich ausgestellten (Europäischen) Haftbefehls festgenommen.

Laut Ermittlern haben die beiden Männer mehrmals in Terror-Camps an der afghanisch-pakistanischen Grenze an Ausbildungen teilgenommen. Maqsood L. soll bei seiner Verhaftung in Berlin gerade von einem solchen Terror-Camp in Afghanistan zurückgekehrt sein.

Vorrangiges Ziel der DTM ist es, in Afghanistan Jagd auf deutsche ISAF-Soldaten zu machen. Doch der Heilige Krieg (Jihad) kostet Geld. Dafür wird verstärkt in Deutschland und Österreich unter der kleinen Gruppe radikalisierter Muslime gesammelt. Auch in Moscheen (der KURIER berichtete).

Flugzeugangriff

Wie aktiv die Wiener Zentrale der "Deutschen Taliban Mujaheddin" war, zeigte die Verhaftung des dritten Terrorverdächtigen, Thomas al-J. (25), Ende Juni auf dem Flughafen Wien-Schwechat.

In seiner Wohnung in Wien-Rudolfsheim wurden Computerprogramme gefunden, die einen Flugzeugangriff auf den Berliner Reichstag simulierten. Er soll auch direkten Kontakt zu Al-Kaida-Chefs gepflegt haben. Der Staatsschutz geht außerdem davon aus, dass Thomas al-J. über Wien ein Rekrutierungs- und Terrorreisebüro nach Afghanistan und Pakistan betrieben hat.

Vom Gardesoldaten zum Terrorverdächtigen

Wie sehr die Wiener Terrorzelle die Kunst des Tarnens und Täuschens beherrschte, zeigen die Beispiele Maqsood L. und Thomas al-J. Ihre Radikalisierung fiel lange niemandem auf. Der 22-jährige L. ist Sohn afghanischer Flüchtlinge. Er galt vorerst als Musterbeispiel gelungener Integration. Seine Eltern versuchten, trotz schwieriger Rahmenbedingungen in Wien Fuß zu fassen. Sie schickten ihren Sohn ins Gymnasium. Danach diente er seinen Wehrdienst beim Gardebataillon ab. Kurz darauf, so die Information des deutschen Generalbundesanwaltes, muss sich der junge Mann den "Deutschen Taliban Mujaheddin" angeschlossen haben.

Auch bei Thomas al-J. blühten die terroristischen Aktivitäten im Dunkeln. Der 25-Jährige konvertierte zwar zum Islam, fiel aber straf- oder zivilrechtlich nie auf. Stattdessen wohnte er mit seiner Lebensgefährtin (19) und der kleinen Tochter in einem unauffälligen Mietshaus in Wien-Rudolfsheim.

Kurz nach seiner Verhaftung im Juni befragte der KURIER die Parteien im Haus. Nachbarin Erna T.: "Das Paar und die kleine Tochter sind hier nie ungut aufgefallen. Das war eine ganz ruhige, fast kontaktscheue Familie. Einmal haben sie mir sogar geholfen, als meine Therme streikte." Tatsächlich trainierte Thomas al-J. hinter verschlossenen Türen den Flugzeugangriff auf den Berliner Reichstag.

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