Zweifel an Kneissls Außenpolitik nach Kreisky
Nach der Ausweisung zahlreicher westlicher Diplomaten durch Moskau geht der diplomatische Konflikt zwischen Russland und einigen westlichen Staaten in die nächste Runde. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Heather Nauert, nannte die Ausweisungen völlig inakzeptabel: „Ich möchte daran erinnern, dass es für die russische Antwort keinerlei Rechtfertigung gibt“, sagte sie. Die USA behielten sich weitere Schritte als erneute Gegenantwort vor – was viele als Ankündigung einer Eskalationsspirale wahrnehmen. Politiker beider Seiten warnen bereits vor „Dynamiken wie im Kalten Krieg“.
Österreich, das sich – im Gegensatz zu den meisten EU-Staaten – gegen eine Ausweisung aussprach, bietet sich als „Brückenbauer“ an: „Ich sehe mich selbst in der Tradition der Außenpolitik unseres früheren Kanzlers Bruno Kreisky – und das ist eine aktive Diplomatie der Vermittlung“, sagte Außenministerin Karin Kneissl am Donnerstagabend in einem Interview mit dem US-Sender CNN .
„In der konkreten Causa Skripal gibt es nichts zu vermitteln. Und dass die Russen jetzt zusammen mit Großbritannien den Fall aufzuklären versuchen, halte ich für unwahrscheinlich“, sagt der ehemalige Diplomat Stefan Lehne zum KURIER.
Eigenartig berührt Lehne die von Bundeskanzler und Außenministerin hervorgehobene Rolle Österreichs als Brückenbauer zwischen Ost und West: „Das ist ein Versatzstück aus den 70er Jahren. Österreich ist heute als EU-Mitglied Teil einer Solidar gemeinschaft und von NATO-Staaten umgeben“, sagt er.
Dass Wien eine Drehscheibe der internationalen Politik ist, ist dennoch unbestritten – erst am Freitag fand dort eine Verhandlungsrunde im Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland statt. Der griechische Außenminister Nikos Kotzias bedankte sich bei Kneissl und der Bundesregierung für die Vermittlung. In der jüngeren Vergangenheit ging der Atomdeal mit dem Iran in Wien über die Bühne.
Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erwähnte Österreich: „ Russland braucht jede Stimme, die London helfen kann, zur Vernunft zu kommen“, sagte er.
„Das birgt eine gewisse Ironie“, findet Lehne, der zwar einige Konfliktfelder wie die Ukraine-Krise oder die Wirtschaftssanktionen sieht, jedoch sei Österreich „in keiner dieser Fragen berufen, Vermittler zu sein“.
Den Sorgen von UN-Generalsekretär Antonio Guterres kann Lehne nicht viel abgewinnen. Guterres sagte am Donnerstag, die Situation besorge ihn sehr. Sie sei „in vielen Hinsichten ähnlich dem, was wir im Kalten Krieg erlebt haben“ und bedürfe „Kommunikationsmechanismen, um Eskalation zu verhindern“.
Reise nach Moskau
„Wir sind nicht im Kalten Krieg – Brüssel, London, Washington und auch die anderen Städte haben einen offenen Kommunikationskanal mit Moskau. Nach der russischen Reaktion wird sich die Sache mittelfristig beruhigen“, ist sich Lehne sicher.
Kneissl wird am 19. April nach Moskau reisen und während ihres zweitägigen Aufenthaltes ihren Amtskollegen, den russischen Außenminister Sergej Lawrow, treffen. Dieser Termin sei jedoch bereits im Jänner vereinbart worden und habe keinen Konnex zu den aktuellen Ereignissen. Armin Arbeiter
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