Zu hoch gepokert: Warum Trump im Mauerstreit feststeckt

Zu hoch gepokert: Warum Trump im Mauerstreit feststeckt
Der US-Präsident feiert sich gerne selbst als Meister der Verhandlung. An der Mauer aber scheitert er vorerst.

"Du musst immer bereit sein, aufzustehen und alles hinzuschmeißen": So lautet eines der Leitmotive von Donald Trump, das er bei jeder Gelegenheit und am liebsten per Twitter der Welt mitteilt. Aufgestanden und rausgegangen ist Trump auch diesmal. "Totale Zeitverschwendung" seien die Gespräche mit den Spitzenvertretern der Demokraten im Weißen Haus gewesen, machte er seiner Wut hörbar Luft.

Die wiederum attestierten dem Präsidenten, sich wieder einmal wie ein kleines Kind zu verhalten, dem ein Wunsch nicht erfüllt werde. Tatsächlich beißt sich der Präsident in diesen Tagen beim Streit um seine Grenzmauer an den Demokraten Nancy Pelosi und Chuck Schumer fest. Der Deal, den er gewohnt großspurig "meine Kunstform" nennt, will ihm diesmal nicht glücken.

Halbwahrheiten

Für Trump geht es dabei um viel. Einerseits braucht er für den sich nähernden Präsidentschaftswahlkampf einen Erfolg - und die Mauer war schon bei der letzten Kandidatur sein Zentralmotiv. Andererseits aber stilisiert sich der Präsident, seit er 2015 in den Wahlkampf eingestiegen ist, vor allem als eines: Als genialen Geschäftemacher, als "Dealmaker". Tatsächlich hat sich sein 1987 veröffentlichtes Buch "The Art of the Deal" millionenfach verkauft.

Zu hoch gepokert: Warum Trump im Mauerstreit feststeckt

Gerade in den USA besonders populäre Business-Magazine und Homepages, die ihren Lesern persönliche finanzielle Vorteile versprechen, bringen immer wieder die Kernthesen aus Trumps-Deal-Strategie. Neben dem bereits erwähnten sind das etwa: "Verlange immer mehr, als du eigentlich willst" oder "Erkundige dich genau, mit wem du es zu tun hast", oder: Führe deine Gegner in die Irre". Taktiken, die der Präsident tatsächlich einsetzt. So ging den Verhandlungen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un ein Feuerwerk an Drohungen und Beleidigungen voran, bis hin zu der Feststellung, dass er, Trump, den "größeren roten Knopf" habe. 

Einschüchterung

Auch beim Streit mit den europäischen NATO-Verbündeten über deren zu geringe Militärausgaben ging Trump von Anfang an einmal in die Vollen. Er habe genug davon, andere Länder zu beschützen, nur weil die zu geizig seien, sich mit ausreichend Waffen einzudecken. Gemünzt war das vor allem auf Deutschland, das inzwischen tatsächlich seine Verteidigungsausgaben merklich erhöht hat. Es geht also im Kern bei Trumps Taktik vor allem darum, einzuschüchtern, zu drohen, zu bluffen - und schließlich dem, auch von der Heftigkeit der Trumpschen Gefühlswallungen überwältigten Gegner, einen Kompromiss hinzuknallen.

Doch mit Nancy Pelosi, der eisenharten politischen Veteranin im US-Kongress, hat Trump eine Gegnerin, die viel zu abgebrüht ist, um auf diese Spielchen einzusteigen. Sie hat Trump mit einem eigenen Budgetentwurf, der - mit Ausnahme der Mauer - großzügige Ausgaben für die Grenzsicherung vorsieht, den Wind aus den Segeln genommen. Sie hat den Präsidenten mit seiner Mauer in eine Extremposition manövriert, die auf Dauer nicht halten kann Mit 800.000 US-Regierungsbeamten ohne Lohn und einem Stillstand der Regierung, der sich einem historischen Rekord nähert, untergraben Trumps Bedrohungsszenarien vor allem seine eigene politische Autorität. Den Mauerbau per Präsidenten-Dekret zu verordnen und dafür eine Art nationalen Notstand auszurufen, könnte auch die kompromisslosesten Unterstützer aus den Reihen der Republikaner auf Distanz bringen.

Er braucht einen Sieg

"Trump ist ein Bauchpolitiker" analysiert ein Experte in der Washington Post, "er hat schon oft versucht, mit ungewöhnlichen Taktiken zu überraschen", aber in diesem "Nullsummenspiel" habe er damit nicht zu gewinnen. Vor allem weil seine Gegner wüssten, dass er einen Sieg braucht. Die Nachrichtenagentur Bloomberg nützt den Anlass, um mit dem Mythos des Dealmakers gnadenlos aufzuräumen. Trump sei nie ein besonders herausragender oder geschickter Verhandler gewesen, "sondern nichts als ein unermüdlicher Selbstvermarkter."

 

Kommentare