Zu geringe Strafen für US-Spione
Ein deutscher BND-Mitarbeiter wurde von US-Agenten nach Salzburg zur Übergabe geheimer Unterlagen gebeten. Und in der Wiener US-Botschaft wird ein geheimes FBI-Büro vermutet, das den Auftrag hat, gezielt gegen Tschechien und Polen zu spionieren. Laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sind auch österreichische Einrichtungen im Visier der CIA.
Außenminister Sebastian Kurz sprach bei einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry und der amerikanischen Botschafterin auf dem Flughafen Schwechat die Spionagevorwürfe an. Man vereinbarte, "dass die Zuständigen auf amerikanischer Seite den Sicherheitsexperten aus Innen- und Verteidigungsministerium zur Verfügung stehen, um diese offenen Fragen zu klären", sagte kurz danach.
Die Verfolgung der US-Schnüffler in Österreich ist schwierig, denn im Gesetz wird Spionage wie ein Kavaliersdelikt behandelt.
Universitätsprofessor Siegfried Beer schätzt die Zahl der in Österreich tätigen Agenten auf bis 8000. Eine Erklärung dafür liefert der Verfassungsschutz: "Die geopolitisch zentrale Lage, der Sitz zahlreicher internationaler Organisationen, eine gute Infrastruktur, niedrige Strafbestimmungen und kurze Verjährungsfristen scheinen nachrichtendienstliche Tätigkeiten in Österreich zu begünstigen."
Nachrichtendienst
Ausspähungsziele sind Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Forschung, Verteidigungspolitik und Energiewirtschaft. Wer laut § 256 einen "Geheimen Nachrichtendienst zum Nachteil der Republik Österreich" betreibt, ist aber nur mit maximal drei Jahren Haft bedroht. Wer einen militärischen Nachrichtendienst für einen fremden Staat betreibt (§ 319), kommt mit zwei Jahren davon. Wer gegen einen Nachbarstaat spioniert, dem passiert gar nichts. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es für den Verfassungsschutz schwierig, sämtliche Instrumente von der Telefonüberwachung bis zum Lauschangriff bewilligt zu bekommen.
Die Anhebung der Strafen sei Teil von Überlegungen für ein neues Verfassungsschutzgesetz, erklärt ein Sprecher von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Derzeit würde ausgelotet, wie hoch der Grad der Betroffenheit in der Bevölkerung sei. Dass auch der Normalbürger von der Sammelwut der US-Dienste betroffen ist, bestätigt ein weiterer Verfassungsschutzbericht: "Bis vor wenigen Jahren richtete sich Spionage weitestgehend auf Staats- bzw. Wirtschaftsgeheimnisse, in großem Umfang jedoch nicht auf die Privatsphäre der Menschen, die mittlerweile von Nachrichtendiensten mit entsprechenden technischen Mitteln umfassend ausgespäht werden kann."
Die deutsche Spionageaffäre erinnert immer mehr an alte Agententhriller: Der U-Ausschuss zur NSA-Spitzelaffäre überlegt nun, eine altmodische, nicht elektronische Schreibmaschine zu verwenden statt Computer, um Aufzeichnungen abhörsicher zu machen. „Wir müssen natürlich versuchen, unsere interne Kommunikation sicher zu halten, verschlüsselte eMails senden, Krypto-Telefone nutzen und andere Dinge, die ich jetzt hier natürlich nicht sage“, erklärte der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg (CDU). Dass zuletzt von US-Außenminister John Kerry im Streit mit den USA über Spionage- und Ausspähaktionen von US-Diensten in Deutschland etwas moderatere Töne angeschlagen wurden, begrüßte Sensburg: „Aber es muss sich natürlich etwas ändern. Das, was wir hier erleben, kann nicht weiter so stattfinden.“ Die Bürgerinnen und Bürger bis hin zur Bundeskanzlerin auszuspionieren, das gehöre nicht zum freundschaftlichen Umgang miteinander.
Laut Informationen aus dem Fundus von Edward Snowden verfügt der britische Geheimdienst GCHQ (The Government Communications Headquarters) über enorme Fähigkeiten, um Internet-Inhalte zu manipulieren. Abstimmungen können verfälscht und Videos zensiert werden. Außerdem kann GCHQ die Klickzahlen manipulieren und das Netz mit Propaganda fluten, berichtet der US-Journalist Glenn Greenwald auf seiner Plattform „The Intercept“. Greenwald hatte die Unterlagen von Edward Snowdon in Hongkong bekommen, bevor dieser nach Moskau reiste.
Diese Enthüllung kommt pünktlich zu einer Debatte im britischen Parlament über neue, erweiterte Kompetenzen für Geheimdienste. Die Regierung in London will mit Eilgesetzen die Überwachung von Telefon- und Internetverbindungen neu regeln. Whistleblower Snowden kritisierte am Wochenende diese Überwachungspläne.
Seit Montag müssen sich die britischen Geheimdienste gegen den Vorwurf des Verstoßes gegen Menschenrechtsgesetze durch die von Snowden enthüllte Massenüberwachung wehren. Zehn britische und ausländische Bürgerrechtsgruppen wie Amnesty International, Liberty und Privacy International hatten geklagt. Sie fechten an, dass das Abfangen von Daten, deren Speicherung und Analyse legal seien.
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