Zeitungen über Syrien: Trump als "Belastung für die Welt"
Am Tag nach den Angriffen der Westmächte beschäftigen sich Europas Zeitungen mit der Frage, ob das militärische Einschreiten der Westmächte gerechtfertigt war.
In Großbritannien, das selbst an den Luftschlägen beteiligt war, sind sich die Zeitungen weitgehend einig, dass die jüngsten Schläge gegen Chemiewaffen-Einrichtungen berechtigt waren.
Die Londoner „Sunday Times“ betrachtet die gemeinsamen Luftangriffe auf Syrien als "eine Reaktion auf die groteske Anwendung chemischer Waffen durch Präsident Baschar al-Assad gegen unschuldige Zivilisten in Duma in der Region Ost-Ghuta - nicht mehr und nicht weniger."
Weiter kommentiert das Blatt: "Der syrische Diktator hat sich einmal mehr über das internationale Verbot solcher Waffen hinweggesetzt. Seine Herausforderung zu ignorieren hätte nicht nur bedeutet, dass man Assad erlaubt, weiterhin Massenvernichtungswaffen gegen sein eigenes Volk einzusetzen. Man hätte zudem eine Normalisierung der chemischen Kriegführung riskiert, die als Reaktion auf die Gräuel des Ersten Weltkriegs seit 1925 verboten ist. (...) Assad nicht zu bestrafen hätte ihn zu einem noch schlimmeren Verhalten ermutigt. Wie US-Präsident Donald Trump es in seiner typisch bombastischen Art sagt: 'Dies sind nicht die Taten eines Menschen. Es sind die Verbrechen eines Monsters.' Aber er fügte umsichtig hinzu: 'Amerika will unter keinen Umständen auf unbestimmte Zeit in Syrien präsent sein.' Das sind weise Worte."
Lob für Trump liest man selten. Umso heftiger fällt die Kritik an der Vorgangsweise des US-Präsidenten in der britischen Wochenzeitung "Observer" aus: "Seine Eskapaden seit Beginn dieser Krise am vergangenen Wochenende waren provokativ, streitsüchtig und zutiefst verantwortungslos. Seine leichtsinnigen Worten und Taten, nicht zuletzt seine getwitterte Drohung, 'smarte' Raketen auf Russland abzufeuern, haben erneut seine Untauglichkeit für Amerikas höchstes Amt bewiesen. Jetzt kennen wir die Antwort auf die Frage, wie Trump eine internationale Krise meistern würde: Sehr schlecht. Trump ist eine Belastung für Amerika und die Welt."
Die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" kritisiert nicht nur Trump, sondern auch die Luftangriffe selbst: "Eine Show-Operation, die es jedem erlaubt, sich einen Teil des 'Sieges' zu nehmen, die aber eine Zukunft voller Unbekannter und Situationen vertuscht, die noch viel schlimmer sein könnten. Außerdem sprechen die Protagonisten von einer erfüllten Mission. Putin hat das schon ein paar Mal getan in den vergangenen Monaten, gestern hat ihn Donald Trump imitiert.“
Zur Rechtmäßigkeit des westlichen Militäreinsatzes in Syrien vermerkt die „Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“:
"Natürlich kann man den USA und ihren Verbündeten den Bruch von Völkerrecht vorwerfen, doch der UNO-Sicherheitsrat, der für völkerrechtskonforme Militärschläge zuständig wäre, hat sich wegen des russischen Vetos zu oft als handlungsunfähig erwiesen."
Die Schweizer Tradititionszeitung sieht nun den russischen Präsidenten in der Pflicht: "Die Verantwortung dafür, dass die Situation nicht außer Kontrolle gerät, liegt jetzt bei Russlands Präsident Wladimir Putin, der entgegen allen Versprechen zugelassen hat, dass Syrien seine Chemiewaffen nicht vernichtete. Er sollte endlich dafür sorgen, dass Syriens Regierung künftig auf den Einsatz solcher Waffen verzichtet. Und will er wirklich, dass in Syrien irgendwann bessere Zeiten anbrechen, muss er Baschar al-Assad, der seine eigene Bevölkerung abschlachtet, fallenlassen. Das mag derzeit unwahrscheinlich tönen: Aber man kann es nicht oft genug wiederholen.“
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