Erstmals nach Putschversuch Anschläge in Türkei

Für die Anschlagsserie wird die verbotene Arbeiterpartei PKK verantwortlich gemacht.

Erstmals seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei haben kurdische Aufständische eine Serie schwerer Anschläge auf die Sicherheitskräfte verübt. Bei drei Anschlägen, für die die Behörden am Donnerstag die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verantwortlich machten, wurden binnen weniger Stunden mindestens zehn Menschen getötet und weit mehr als 200 verletzt.

Dabei machte die PKK offenbar ihre Drohung wahr, auch in nicht-kurdischen Gebieten gezielt Anschläge auf die Polizei zu verüben. Das schwerste Anschlag wurde auf das Hauptquartier der Polizei in der Stadt Elazig verübt, bei dem am Donnerstag mindestens drei Polizisten getötet und 146 weitere Menschen verletzt wurden. Das vierstöckige Polizeigebäude wurde laut TV-Berichten schwer beschädigt, die Wucht der Explosion hinterließ einen Krater von mehreren Metern Durchmesser. Ministerpräsident Binali Yildirim sagte sein ursprüngliches Programm ab und reiste - begleitet von mehreren Ministern und dem Armeechef - nach Elazig.

Gezielte Anschläge angedroht

Die Bevölkerung Elazigs ist mehrheitlich nicht-kurdisch, die konservativ geprägte Stadt im Osten des Landes war bisher von den gewalttätigen Auswirkungen des Kurdenkonflikts verschont geblieben. Anfang August hatte PKK-Kommandeur Cemil Bayik mit gezielten Anschlägen auf die Polizei "in allen türkischen Städten" gedroht.

Verteidigungsminister Fikri Isik machte die PKK für den Anschlag in Elazig verantwortlich und kündigte an, gegen die Kurden-Organisation ebenso hart vorzugehen wie gegen die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, die von den Behörden für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich gemacht wird. "Wir werden die PKK ebenso stoppen wie wir (die Gülen-Organisation) Feto gestoppt haben", sagte der Verteidigungsminister. Seit dem Putschversuch Mitte Juli wurden in der Türkei zehntausende mutmaßliche Anhänger Gülens festgenommen.

"Die PKK will ganz offensichtlich von der aktuellen Stimmung in der Türkei profitieren", hieß es in Regierungskreisen in Ankara. "Jede Terrororganisation möchte von Krisen profitieren."

Bei einem weiteren Anschlag am Donnerstag auf Soldaten wurden in der Provinz Bitlis im Südosten vier Menschen getötet und mindestens sechs weitere verletzt. Der Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi sei von "Terroristen" verübt worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu - diese Formulierung zielt in der Regel auf die PKK. Unter den Getöteten waren den Angaben zufolge drei Soldaten sowie ein Mitglied einer kurdischen Bürgermiliz, welche die Regierungstruppen im Kampf gegen die PKK unterstützt. Mindestens sechs weitere Soldaten wurden demnach verletzt.

Zuvor waren in der Nacht zu Donnerstag bereits bei einem Anschlag auf die Polizeizentrale in der Stadt Van im Osten des Landes drei Menschen getötet worden. Bei der Explosion in dem zentralen Bezirk Ipekyolu wurden außerdem mehr als 70 Menschen verletzt.

Waffenstillstand gebrochen

Im Juli 2015 war nach zweieinhalb Jahren ein Waffenstillstand zwischen der PKK und der türkischen Regierung zerbrochen. Seitdem wurden hunderte Sicherheitskräfte bei Angriffen der PKK getötet. Die türkische Armee ging ihrerseits mit aller Härte gegen die PKK im Südosten des Landes vor. Dabei wurden laut Menschenrechtsvertretern auch zahlreiche Zivilisten getötet.

Bereits am Montag war ein Polizei-Zentrum am Rande der Regionalhauptstadt Diyarbakir Ziel eines Anschlags, bei dem acht Menschen getötet worden waren, darunter fünf Polizisten. Montag war der 32. Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfs der PKK gegen die türkischen Sicherheitskräfte, bei dem inzwischen mehr als 40.000 Menschen getötet wurden.

Ein Gericht in Istanbul hatte am Dienstag die pro-kurdische Zeitung "Özgür Gündem" verboten. Laut einem Anadolu-Bericht wurde das Verbot mit der Verbreitung von Propaganda für die PKK begründet.

Kommentare