Wie Moskau und Ankara Kiew den Schwarzen Peter zuschieben

Problem? Welches Problem? Wer den Besuch von Russlands Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Ankara verfolgte, bekam den Eindruck ruhiger, sachlicher Gelassenheit vermittelt. Man begrüßte einander betont freundschaftlich und trat nach kurzem Gespräch mit einer klaren Botschaft vor die Medien.
Der von der UN vorgelegte Plan, um Weizen aus der Ukraine übers Schwarze Meer auf den Weltmarkt – und da vor allem nach Afrika – zu bringen, sei „vernünftig“. Die Türkei wird die Containerschiffe durch den Bosporus begleiten und den weiterführenden Transport übernehmen. Jetzt seien nur noch Detailverhandlungen zwischen Moskau und Kiew über die Sicherheit der Schiffe nötig.
Sicherheit garantieren
Doch da liegt der Haken. Moskau, wie Lawrow auch in Ankara betonte, ist überzeugt, seinen Teil einer möglichen Vereinbarung zu erfüllen: „Wir sagen täglich, dass wir bereit sind, die Sicherheit der Schiffe, die ukrainische Häfen verlassen, zu garantieren – gemeinsam mit unseren türkischen Kollegen.“ Bisher blockiert die russische Marine die Häfen im Schwarzen Meer.
Jetzt liege der Ball bei der Ukraine, machte der Russe deutlich. Sie müsse ihre Häfen von Minen befreien und so eine sichere Ausfahrt ermöglichen: „Mehr müssen sie nicht tun.“
Gefahr für Odessa?
Doch diese – russische – Version der Geschichte will Kiew so nicht akzeptieren. Man befürchtet, dass eine Entminung des wichtigsten Hafens, Odessa, nur einen Zweck erfüllen würde: Russland einen Angriff von See aus zu ermöglichen. Die Ukraine verlangt, dass die Entminung in Anwesenheit der britischen Marine durchgeführt wird. Seit Tagen gibt es in den britischen Medien Berichte, dass Großbritannien plant, Kriegsschiffe ins Schwarze Meer zu entsenden.
Einig ist man sich in Kiew und Moskau derzeit nur darüber, dass weitere Verhandlungen notwendig seinen. Wann aber, worüber, oder unter welchen Voraussetzungen, darüber gibt es nicht einmal die Idee eines Kompromisses.
Lawrow gibt sich alle Mühe, die Weizenkrise kleinzureden. Das Problem beim Export von ukrainischem Getreide werde vom Westen als „universelle Katastrophe“ eingestuft, obwohl der ukrainische Anteil an der weltweiten Produktion von Weizen und anderen Getreidearten weniger als ein Prozent ausmache. Laut UN-Angaben aber liest sich das ganz anders: 25 Millionen Tonnen Weizen würden derzeit feststecken – und ohne die droht vor allem in Ostafrika eine Hungersnot.
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