Wie der CETA-Kampf NGOs nützt
Campact? Bis vor Kurzem war die deutsche NGO kaum jemandem ein Begriff. Spätestens seit dem letzten Wochenende, als sie gut 300.000 Menschen in Deutschland und Österreich gegen TTIP und CETA auf die Straße brachte, kennt man die Protest-Organisation: Sie macht im Namen anderer NGOs geschickt und plakativ gegen die Globalisierung mobil – und wächst dank TTIP und CETA auch ziemlich schnell.
Mobilisierungsmacht
46,4 Prozent mehr Förderer verzeichnete die NGO 2015, allein durch die Anti-Handelsabkommen-Kampagnen lukrierte man 1,5 Millionen Euro. Campact dient quasi als Megafon für andere NGOs: Neben den 55.000 Förderern gibt es einen Newsletter mit 1,8 Millionen Abonnenten, sagt Sprecherin Svenja Koch.
Da schlummert viel Mobilisierungspotenzial – wie gut Campact das einzusetzen weiß, hat man bei SPD-Chef Sigmar Gabriel bewiesen. Der wurde bei TTIP gezielt unter Druck gesetzt. "Wir suchen immer den, der zuerst umfallen könnte", sagte Campact-Gründer Christoph Bautz kürzlich – Gabriel änderte später seine Meinung.
Auch andere NGOs profitieren vom Anti-CETA-Kampf. "Wir haben einen stetigen, leichten Mitglieder- und Spenderzuwachs", heißt es bei Attac Deutschland; auch in Belgien werden NGOs mit Spenden überhäuft.
In Österreich sind Attac, Global 2000 und Greenpeace ebenfalls stark engagiert. Alle drei verwehren sich aber zu sagen, dass TTIP zum Wachstum ihrer Organisationen beiträgt. Global 2000 hat 2015 über ein Budget von etwas mehr als vier Millionen Euro verfügt, die Spendensumme lag 2015 um 200.000 Euro höher als 2014 (Anstieg 5 Prozent). "In den vergangenen zehn Jahren gab es jährlich diesen Anstieg", sagt der Pressesprecher von Global 2000. Auch Attac spricht von einem "stetigen Wachstum der Spenden und der freiwilligen Mitarbeiter". Greenpeace hatte 2015 für seine Kampagnen in Zentraleuropa 12,4 Millionen Euro zur Verfügung, 2014 waren es 10,4 Millionen.
Mit der Finanzausstattung wächst die Deutungsmacht der NGOs – im Vergleich dazu verblassen Politiker und Interessensvertreter. "Es gibt unglaubliche Defizite und eine rätselhafte Untätigkeit der Regierungsspitze, was die Information der Öffentlichkeit über CETA und TTIP angeht", sagt Politikwissenschafter Fritz Plasser.
Die Regierung habe "ein Informationsvakuum zugelassen, in das NGOs, soziale Netzwerke und Boulevard-Medien vorgestoßen sind". Immer mehr Information und Meinungsbildung erfolgen in Foren und Netzwerken – "Parteien und Regierungsvertreter sehen dem nur mehr sprachlos zu".
Unterblieben ist lange, korrigierend in die NGO-Debatte einzugreifen und zu zeigen, wie stark Österreichs Wirtschaft vom Freihandel abhängt, welche Zukunftschancen damit verbunden sind, kritisiert der Politologe. "Der CETA-Schlagabtausch in der Regierung ist nicht überzeugend", resümiert er.
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