WhatsApp-Gruppe belegt brutale Pushbacks durch kroatische Polizei

WhatsApp-Gruppe belegt brutale Pushbacks durch kroatische Polizei
Fotos und Videos zeigen, wie maskierte Polizisten Flüchtlinge im Landesinneren misshandeln. Mit Gewalt zwingen sie die jungen Männer dazu, das Land zu verlassen.

Kroatien ist nur eines von mehreren Ländern an den Außengrenzen der EU, das seit Jahren Vorwürfe über die rechtswidrige Rückführung von Flüchtlingen aus dem Inland, sogenannte Pushbacks, von sich weist. Bilder und Videos aus einer inoffiziellen WhatsApp-Gruppe der kroatischen Polizei, die von der Investigationsplattform Lighthouse Reports mehreren internationalen Medien zugespielt wurden, belegen nun aber die Gewalt.

In einem Video ist etwa zu sehen, wie eine Gruppe männlicher Flüchtlinge dazu angetrieben wird, in einen Fluss an der Grenze zum Nicht-EU-Land Bosnien zu springen. Ein Polizist schlägt dabei mit einem Schlagstock auf jeden Flüchtling ein, der an ihm vorbeiläuft. Die Schreie der jungen Männer sind zu hören.

Der Polizist in dem Video trägt die Ausrüstung der kroatischen Interventionstruppen, die normalerweise bei Großereignissen mit Gewaltpotenzial, etwa Demonstrationen oder Fußballspielen, eingesetzt werden. Kroatiens Innenminister Davor Božinović gab das auf Nachfrage auch zu, sprach jedoch von einem "Einzelfall". Die Einsatztruppe habe nicht auf Anweisung der Regierung gehandelt.

Warnungen vor ausländischen Journalisten

Die WhatsApp-Gruppe mit dem Namen "Operation Korridor II" belegt aber noch mehr. Weitere Fotos vom vergangenen November zeigen, wie Dutzende Männer nebeneinander aufgereiht ohne Schuhe auf dem Boden sitzen müssen, auf einigen Bildern liegen sie sogar nebeneinander, ihre Gesichter dem Boden zugewandt.

In der Gruppe werden demnach nicht nur die Pushback-Erfolge untereinander geteilt, auf die der Chef der kroatischen Grenzpolizei regelmäßig mit Daumen-hoch-Emojis reagierte. Eine Pressemitarbeiterin des Innenministeriums, die ebenfalls Mitglied ist, warnte ihre Kollegen mehrfach vor kroatischen und internationalen Journalisten, wenn diese sich in Grenznähe aufhielten.

So beschrieb sie etwa zweimal detailliert den Aufenthaltsort des ORF-Radiojournalisten Bernt Koschuh und gab Entwarnung, als er das Land verlassen hatte. Koschuh bestätigte gegenüber dem Spiegel, sich tatsächlich an diesen Orten aufgehalten zu haben.

 

Mindestens 1.300 Pushbacks

Pushbacks gegen mehr als 1.300 Migranten sind in den WhatsApp-Nachrichten dokumentiert. Grundsätzlich ist es nicht illegal, wenn die Polizei Migranten im Inland aufhält, die Beamten müssen ihnen aber ein faires Asylverfahren ermöglichen, was in diesen Fällen mit großer Wahrscheinlichkeit - und im Fall des oben gezeigten Videos mit Sicherheit - nicht passiert ist. Die Art und Weise, wie die Flüchtlinge aufgehalten werden, ist Menschenrechtlern zufolge ebenso rechtswidrig.

Der Migrationsexperte Bodo Weber von der NGO Democratization Policy Council bezeichnete die Chatnachrichten im Interview mit Ö1 als "Smoking Gun". Es gebe zum ersten Mal ein schriftliches Dokument, dass die Politik der organisierten Pushbacks in Kroatien belegen und damit die Argumentation, es handle sich um Einzelfälle, widerlegen würde.

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