So will Angela Merkel Europa reformieren
Es war – nach der NSA-Abhöraffäre – das große Thema am Oktober-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel: Angela Merkels Reformplan für Europa. Ganz neu ist der zwar nicht, die Kanzlerin hat ihn schon zu Jahresbeginn als „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ angesprochen, doch jetzt, nach gewonnener Wahl in Deutschland, will sie damit ernst machen.
Worum geht es? Merkel will, dass alle EU-Mitgliedsstaaten (oder, wenn das nicht geht, zumindest die 17 Euro-Länder) Verträge mit der Kommission abschließen. Darin sollen Reformen vereinbart werden, etwa am Arbeitsmarkt, im Sozial- und Gesundheitssystem oder bei den Pensionen. Als Anreiz soll es einen neuen Fördertopf geben, aus dem die Länder für erfolgte Umsetzung der Reformen „belohnt“ werden.
Das ist, in abgeschwächter Form, das, was Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal seit Jahren kennen: Sie haben Hilfsgelder aus dem Euro-Rettungsschirm angenommen – und sich im Gegenzug zu Reformen verpflichtet. Die sogenannte Troika aus Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds überwacht die Fortschritte und pocht auf die Einhaltung der Vereinbarungen.
So ähnlich würde es nach Merkels Plan bald allen (Euro-)Ländern ergehen: Die Kommission würde die Einhaltung der Reformversprechen überprüfen – im Gespräch ist auch, dass sie in Extremfällen Maßnahmen durchsetzen kann, sprich: in die Länder „hineinregieren“.
Schon jetzt wird die Wirtschaftspolitik im „Europäischen Semester“ koordiniert: Die Staaten müssen einmal im Jahr ihre Haushaltspläne nach Brüssel melden, die Kommission gibt dann für jedes Land (Reform-)Empfehlungen ab. Nur sind diese eben aktuell reine Ratschläge – ohne Verpflichtung, sie umzusetzen.
Vorbild für den „Wettbewerbspakt“ ist der sogenannte Fiskalpakt, auf den sich die EU-Staaten (außer Großbritannien und Tschechien) Ende 2011 einigten: Hier wurde eine Schuldenbremse für Staatsschulden vereinbart, für Länder, die sich nicht an die Regeln halten, gibt es automatische Sanktionen.
Bundeskanzler Werner Faymann sieht Merkels Pläne skeptisch: Als „Nettozahler“ beim EU-Budget lasse sich Österreich zu nichts zwingen, sagt er. Seinen Ansatz formulierte beim Gipfel im KURIER-Interview so: „Ich bin nicht überzeugt, warum es ein Euro-Budget geben soll, aus dem Belohnungen an Länder gezahlt werden. Ich bin sehr für verbindlichere Kriterien auf freiwilliger Basis.“
Vor allem Nichtregierungsorganisationen und Abeitnehmer-Vertreter haben mit den Ideen Merkels wenig Freude - was sie als Reformen am Arbeitsmarkt, im Sozial- und Gesundheitssystem oder bei den Pensionen bezeichnet, sehen ihre Kritiker als Versuche der Durchlöcherung des sozialen Netzes.
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