"Deutschland soll für Flüchtlinge Transitvisa ausstellen"
"Was wir bisher in der Flüchtlingskrise erlebt haben, ist erst der Beginn", prophezeit in Brüssel ein hoher Diplomat.
Die Sorge, dass sich nach dem Flüchtlingsstrom über die Balkanroute der Transit von Migranten auf die Brennerroute verlagern könnte, ist nicht nur in Brüssel, sondern auch in Wien sehr groß.
Weit mehr als 2000 Flüchtlinge landeten in der vergangenen Woche täglich in Italien, Tendenz steigend. Von Jahresbeginn bis heute wurden 24.000 Migranten entlang der Route aufgegriffen, um 10.000 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Bei den Flüchtlingen, die derzeit in Italien ankommen, handelt es sich nicht um Syrer und Afghanen, sondern vorrangig um Nigerianer, Gambier, Senegalesen.
Bundeskanzler Werner Faymann schlägt nun vor, dass " Deutschland, wenn es bereit ist, weiterhin Flüchtlinge in großer Zahl aufzunehmen, an der EU-Außengrenze oder außerhalb der Europäischen Union Transitvisa für Flüchtlinge ausstellt", betonte er gegenüber dem KURIER. "Das ist die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass es zu unkontrollierten Einreisen kommt."
Sollte Italien die Flüchtlinge weiter durchwinken, kommen sie zeitnah am Brenner an. "Deshalb müssen wir vorbereitet sein und verhindern, dass Österreich zur Pufferzone für Deutschland wird", begründet der Kanzler sein Konzept.
Der neue Vorschlag ist die Weiterentwicklung seiner Forderung gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel, Deutschland möge – wie Österreich – auch einen Richtwert für Flüchtlinge vorschlagen. Das lehnt die Bundeskanzlerin ab, sie plädiert weiterhin für eine europäische Lösung. Dem widersprechen aber immer mehr Länder, die auf einen Mix aus nationalen Lösungen und gesamteuropäischen Lösungen setzen.
Während Deutschland bereits daran denkt, die Grenzkontrollen auslaufen zu lassen, gibt es unter vielen EU-Ländern genau den gegenteiligen Ansatz, die Kontrollen beizubehalten, da die Flüchtlingswelle nicht abebbt.
Die Wahrheit sagen
Für den Kanzler ist sein Transitvisa-Vorschlag "die einzige Möglichkeit, um kontrollierte Einreisen nach Deutschland zu gewährleisten". Ein Ansturm von Flüchtlingen, wie es ihn im Herbst im Burgenland und der Steiermark gegeben hat, wird am Brenner nicht stattfinden.
Der Kanzler ruft die anderen EU-Partner auf, "vorbereitet zu sein". Denn: "Wer behauptet, ohne Limitierung Flüchtlinge aufnehmen zu können, sagt nicht die Wahrheit."
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